Kölner Domkapitular lädt am ersten Advent zu Wachsamkeit ein

"Jesus will unseren Blick heben"

Der Kölner Domkapitular Hans-Josef Radermacher hat am ersten Adventssonntag zur Wachsamkeit aufgerufen. Im Advent ginge es nicht darum, lediglich auf Weihnachten zu warten. Es sei eine Einladung, im Alltag mit Gott zu rechnen.

Blick auf den Kölner Dom / © SmallWorldProduction (shutterstock)
Blick auf den Kölner Dom / © SmallWorldProduction ( shutterstock )

"Warum die Aufrufe zur Wachsamkeit im Tagesevangelium?", so fragt Domkapitular Hans-Josef Radermacher in seiner Predigt. "Seine Wiederkunft erhoffen alle, die aus ihren Verhältnissen erlöst werden müssen und sich danach sehnen, es aber aus eigenen Kräften nicht können", so Radermacher. Das Tagesevangelium behandle nicht die Rettung, sondern seine Gefährdung. Bei den Menschen zur Zeit Jesu laufe das Leben in seinen gewohnten Bahnen. Der Blick bleibe auf die Erde gesenkt. Die Erwartung, das Jesus wiederkomme, sei damit aufgegeben. Jesus spreche zu Menschen "die ihre Hoffnung aufgegeben haben, nicht nur heute", betont Domkapitular Radermacher. Das Evangelium sei aktuell: Seid also wachsam. 

Das Evangelium spreche über "unsere individuelle Ankunft bei Jesus Christus". Unser Leben laufe nicht einfach aus. Wenn Jesus von den zwei Männern und den zwei Frauen spreche, von denen jeweils nur eine mitgenommen werde, dann sei das eine Anspielung auf das individuelle Ende. Wenn die Hoffnung gestorben ist und der Glaube keinen Halt mehr gibt, wirke alles sinnlos und ohne Ziel. Jesus verweist darauf, "dass die Selbstverständlichkeit des Alltags ein Ende hat". Viele, die einmal dem Tod vor Augen gesehen hätten, gingen danach wachsamer durchs Leben. Der erste Advent sei nicht der Beginn der Wartezeit auf Weihnachten, sondern vielmehr "ernste Anfrage" an uns, "ob wir im Alltag mit Gott rechnen und wach sind für ihn", erläutert Radermacher im Kölner Dom. Oft sei er uns näher als wir glauben. "Jesus will unseren Blick heben und das heißt: Unser Leben verliere sich nicht im Tod", beendet der Domkapitular  seine Predigt. 

Musikalisch wurde der Gottesdienst gestaltet durch den Mädchenchor unter der Leitung von Oliver Sperling. An der Orgel spielte Winfried Bönig.


Ein neuer Advent, eine neue Einladung ...

Im Lärm und in der Unruhe unserer Zeit ist es besonders wichtig, wieder Zeiten und Orte der Stille und Besinnung zu finden. Die vorweihnachtliche Zeit wird weitgehend vermarktet und bietet wenig Raum für Stille. Da ist es wichtig, sich auf den eigentlichen Sinn des Advents zu besinnen.

Die Adventszeit ist Zeit der Erwartung, des Sich-neu-Ausrichtens auf Gott, der uns entgegenkommt. Der Advent umfasst ein dreifaches Kommen Gottes:

das Warten Israels auf die Ankunft des Messias,
das Warten der Christen auf die Wiederkunft Christi

und das tägliche Kommen Gottes in unser Leben.

Neues Kirchenjahr

Das mit dem ersten Adventssonntag beginnende neue Kirchenjahr will in uns die Haltung der wachsamen Erwartung wieder neu wecken. Die biblischen Texte sprechen am ersten Adventssonntag noch stark vom Ende der Welt und der Wiederkunft Christi. Die weiteren Sonntage stellen uns dann den Täufer Johannes, den Vorläufer Jesu, und Maria, die Mutter Jesu, als adventliche Gestalten vor Augen.

Das violette Messgewand und der Verzicht auf das Gloria in der Messfeier verdeutlichen etwas vom Bußcharakter dieser Zeit, der aber die erwartungsvolle Freude auf den Kommenden nicht verdrängt. Deshalb erklingt auch weiterhin das Halleluja. Gott will bei uns ankommen. Deshalb sind wir gefragt, ob auch wir bei ihm ankommen wollen, ob wir uns für die Begegnung mit ihm bereiten wollen.

Aus: Magnificat. Das Stundenbuch. November 2022

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