Kölner Museen räumen mit "Materialkarussell" ihre Lager auf

Vom Wikingerhelm bis zu Weihnachtspostkarten

"mein, dein, unser" lautet das Motto des "Materialkarussells". Eine Aktion von Kölner Museen, die Fundstücke aus ihren Lagern gegen Spenden abgegeben haben. Die Erlöse werden an soziale und ökologische Projekte gespendet.

Autor/in:
Johannes Schröer
Anprobe einer übergroßen Schleife im Diözesanmuseum Kolumba / © Johannes Schröer (DR)
Anprobe einer übergroßen Schleife im Diözesanmuseum Kolumba / © Johannes Schröer ( DR )

"Das ist doch mal eine angemessene Schleife". Tatjanne Pressler (26) lacht und wickelt sich eine knallrote Riesenschleife aus Samt um den Körper. "Wow", staunt auch ihre gleichaltrige Freundin Valea Steinkamp. Mit so einem Fundstück hätten die beiden nicht gerechnet. Woher die Schleife kommt? 

Sie war Requisit in einer Produktion von Warner Bros. Die Television Production hat neben 15 Museen - wie dem Museum Ludwig, dem Schnütgen Museum oder dem Kolumba - Keller und Koffer aufgeräumt, die Lager leergefegt und große und kleine Gegenstände für das "Materialkarussell" zur Verfügung gestellt.  

Geglücktes Anlegen der übergroßen Schleife / © Johannes Schröer (DR)
Geglücktes Anlegen der übergroßen Schleife / © Johannes Schröer ( DR )

Unter dem Motto "mein, dein, unser" öffneten am Samstag Kölner Museen ihre Türen. Bilderrahmen, Büromöbel, Designerobjekte, Kostüme oder Bildbände. Gegen eine freiwillige Spende konnten Besucher kostbare und einmalige Fundstücke mit nach Hause nehmen.

Weihnachtskarten – antizyklisch bevorraten

Im Kolumba-Museum drängten sich schon um zehn Uhr die Menschen. "Unsere aussortierten Bilderrahmen waren nach einer halben Stunde weg", sagt Museumsdirektor Stefan Kraus. Ihn und sein Team musste man nicht lang überzeugen, um am "Materialkarussell" teilzunehmen. "Für uns ist das eine Plattform, die für soziale und kulturelle Nachhaltigkeit steht", sagt er. Mit solchen Aktionen könne man Kultur zu den Menschen bringen, und da seien gar nicht spektakuläre Events nötig. Kraus tummelt sich mit seinem Team den ganzen Tag über zwischen den Besuchern, er führt ungezählte Gespräche mit Alt und Jung. Sein Kolumba-Museum als kultureller, nachhaltig wirkender Begegnungsort. "Genauso soll es sein", schwärmt er.

Auf einem Tisch liegen hunderte Kunstpostkarten. Maria, Josef, das Christkind sind darauf abgebildet oder die Heiligen Drei Könige. Mittelalterliche Kunstwerke als Weihnachtspostkarten. Mara ist 12 Jahre alt, sie schaut sich die Motive an und sucht sich einige Karten aus. Postkarten scheiben? Macht man das überhaupt noch? Schließlich gibt es Insta und Whatsapp. "Ja, ich schicke meinen Freundinnen häufig Postkarten", sagt Mara und nach einer kleinen Pause fügt sie hinzu: "Leider schicken die keine Postkarten zurück". "Die Idee ist doch nicht dumm, sich jetzt schon für Weihnachten einzudecken", sagt Anna und packt dutzende Karten ein.

Die Aktion, Museumsfundstücke aus den Lagern weiterzugeben, sei ein echter Knaller, meint Biger. Er ist Student der Fotografie und schaut sich nach Katalogen um. Dass er sich im Kolumba, in einem Museum des Erzbistums Köln befindet, ist ihm nicht bewußt. "Das zeigt die katholische Kirche ja in einem ganz anderen Licht", sagt er.

Interessierte Besucher stöbern in ausliegenden Büchern des Museums Kolumba / © Johannes Schröer (DR)
Interessierte Besucher stöbern in ausliegenden Büchern des Museums Kolumba / © Johannes Schröer ( DR )

Zurzeit bereitet das Kolumba die neue Jahresausstellung vor. Deshalb ist das Museum leer. Gudrun freut sich, dass sie die "geniale" Architektur von Peter Zumthor auch einmal ohne Ausstellung ganz anders erleben kann. Neben ihr steht Tochter Britta. Sie hat gut ein Dutzend Bücher im Arm. Auf Nachfrage erklärt sie, das seien alles Kataloge zur Kölner Stadtgeschichte. Interessiert sie das? Nee, seufzt sie, ihr Vater wolle die mitnehmen, sie sei da nur der Lastesel.

Die Kataloge mit den Andachtsbildern seien sofort weg gewesen, hat Ulrike Surmann beobachtet. Die Kuratorin des Kolumba-Museums steht zwischen den Büchertischen. "Die Besucher, die hier 'unsere Ladenhüter' mitnehmen, sind sehr konzentriert", sagt sie. Gleich wolle sie mit weiteren Katalogen aus dem Archiv die Tische wieder auffüllen.

Kinosessel fürs Kinderzimmer

Im Raum nebenan sind ganz andere Fundstücke ausgestellt. Die Wikingerhauben von Warner Bros. waren schnell vergriffen. Jetzt stehen da noch einige Lederstiefel und eine Garderobe mit Blumenkleidern. In einem aussortierten Original Kinosessel sitzt Carla, 15 Jahre alt. Sie möchte den schweren Kinositz unbedingt für ihr Jugendzimmer und redet auf ihren Vater ein. "Wie sollen wir den denn transportieren", gibt er zu Bedenken. Ob die beiden eine Lösung finden?

Währenddessen haben sich ungezählte Besucher im Kolumba-Innenhof versammelt, dort gibt es Live-Musik, Kölsch und Brezel. Denn auch das gehört an diesem Tag dazu: Get-Together, Gespräche und Austausch. Und beim Verlassen des Museums fällt auf, dass die Spendenbox bis oben gefüllt ist. Der gesammelte Betrag wird – und auch das ist ein Aspekt von Nachhaltigkeit – an soziale und ökologische Projekte verteilt.

Quelle:
DR