DOMRADIO.DE: Die Kölner Pace e Bene Stiftung wurde durch die Initiative der Franziskaner Schwester Christina gegründet. Ziel der Stiftung ist es, ein menschenwürdiges Sterben von Obdachlosen zu ermöglichen. Wie kam Schwester Christina zu diesem Thema?
Kirsten Lange-Wittmann (Stiftungsrat, Pace e Bene Stiftung): Schwester Christina engagiert sich in der aufsuchenden Obdachlosenseelsorge und arbeitet im Gubbio, der Obdachlosenkirche in Köln. Sie kennt die Not der Menschen, die auf der Straße leben. Sie bekommt mit, dass Menschen auch auf der Straße sterben.
DOMRADIO.DE: Die meisten Menschen in Deutschland sterben zu Hause, gelegentlich mancher im Krankenhaus. Ist es bei Obdachlosen wirklich so, dass sie auf einer Parkbank sterben?
Lange-Wittmann: Das kommt vor. Zum Beispiel auch vor einem Supermarkt. Teilweise bleiben die Menschen unentdeckt, so dass man erst nach ein paar Tagen den Tod feststellen kann. Manche sterben auch in den Notunterkünften. Man kann an jedem Ort sterben.
DOMRADIO.DE: Eine sehr unwürdige Art zu sterben. Heute Nachmittag gibt es zugunsten der Pace e Bene Stiftung einen Glühweinausschank im Domforum direkt gegenüber vom Kölner Dom. Die Aktion findet von 16 Uhr bis 19 Uhr statt. Was ist da geplant?
Lange-Wittmann: Der Ausschank findet zugunsten der Pace e Bene Stiftung statt, der uns Spenden zugutekommen werden. Im Domforum steht generell immer eine Spendenbox und viele Initiativen in den Kirchengemeinden sammeln für unsere Stiftung und unser Ziel.
DOMRADIO.DE: Wofür werden die Spenden verwendet?
Lange-Wittmann: Unser langfristiges Ziel ist die Einrichtung einer Wohnung. Eine einzelne, da uns nicht genau klar ist, wie groß der Bedarf nach einer Sterbeunterkunft ist. Bis wir eine Wohnung haben, wo man sterben kann, finanzieren wir Hospiz Plätze. Einen Hospizplatz inklusive der medizinischen Kosten liegt bei rund 17.000 € pro Monat und Person.
DOMRADIO.DE: Das ist eine ganze Menge. Wie kann man sich diese Wohnung vorstellen? Ist das eine einem Hospiz nachempfundene Wohnung, wo medizinische Apparaturen installiert sind und es Betreuung rund um die Uhr gibt?
Lange-Wittmann: Genau, es soll Betreuung rund um die Uhr geben. Zuhause sterben ist, denke ich, das Ziel vieler Menschen. Die Wohnung ist für uns ein Versuch das für Menschen zu realisieren, die auf der Straße leben. Das Leben auf der Straße ist unglaublich hart. Wir möchten den Menschen in der letzten Lebensphase damit ermöglichen zur Ruhe zukommen und sich entspannen zu können. Es geht um die Kunst Obdachlosen ein menschenwürdiges Ende zu ermöglichen.
DOMRADIO.DE: Sind aktuell Personen in einem Hospiz vermittelt?
Lange-Wittmann: Im Sommer und Herbst waren zwei Personen im Hospiz. Sie sind dort auch verstorben. Aktuell befindet sich eine weitere Person im Hospiz.
DOMRADIO.DE: Haben Sie Kontakt zu diesen Menschen?
Lange-Wittmann: Wir als Stiftung halten uns zurück, weil wir nicht als "die" Spender auftreten wollen. Aber es gibt punktuell Berührungspunkte. Zum Beispiel, wenn ich Anziehsachen besorge oder etwas vorbeibringe, was gebraucht wird. Da der seelsorgliche und zwischenmenschliche Bereich gut abgedeckt ist, halten wir uns aber zurück.
DOMRADIO.DE: Warum machen Sie das? Warum kümmern Sie sich darum?
Lange-Wittmann: Meine Eltern sind zu Hause verstorben. Ich habe sie beide begleitet, Mein Mann hat mir von Schwester Christina erzählt und von der Tatsache berichtet, das Menschen auf der Straße sterben. Ich war ehrlich gesagt peinlich berührt, dass ich mir darum selbst noch nie einen Gedanken gemacht habe. Das war für mich der auslösende Moment. Einfach die Frage, wo sterben eigentlich Obdachlose? Das ist die Grundlegende Fragestellung.
Das Interview führte Tobias Fricke.