Kölns Oberbürgermeister unterstreicht Forderung nach Pilgerzentrum - Deutliche Worte an Erdogan

Und noch ein Brief in Sachen Tarsus

Wenige Tage nach der Rückkehr der Pilger um Joachim Kardinal Meisner aus der Türkei hat Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan an seine Zusage zur Errichtung eines christlichen Pilgerzentrums in Tarsus erinnert. Bislang hatten alle Briefe, Bitten und auch die Reise der deutschen Bischöfe nicht zu greifbaren Erfolgen geführt. Schramma wird nun deutlicher.

Oberbürgermeister a.D. Fritz Schramma (DR)
Oberbürgermeister a.D. Fritz Schramma / ( DR )

Oberbürgermeister Schramma hatte sich im Februar in Köln mit Erdogan am Rande von dessen Deutschlandbesuch zu einem Gespräch getroffen, bei dem neben anderen Themen auch über die Bitte des Kölner Erzbischofs gesprochen wurde, in der Geburtsstadt des Völkerapostels Paulus ein christliches Pilgerzentrum zu ermöglichen. Bei diesem Treffen hatte Erdogan gegenüber Schramma seine Unterstützung für das Bauvorhaben signalisiert: «Sobald die Kirche mit diesem Wunsch auf mich zukommt, werde ich mich dafür aussprechen - auch gegen meine Opposition». An dieses Versprechen erinnert Schramma nun in seinem Brief: "Sie hatten mir gegenüber geäußert, dass Sie sich für ein Pilgerzentrum in Tarsus einsetzen würden, sobald die Kirche mit diesem Wunsch auf Sie zukomme."

Mit dem Wunsch nach einem Pilgerzentrum hatte sich wenig später Kardinal Meisner in einem Brief an Erdogan gewandt, ohne dass der Kardinal eine Antwort erhalten hatte. Auch ein weiterer Brief blieb ohne Resonanz.

Schramma hebt nun in seinem Schreiben an Erdogan erneut die Bedeutung eines Pilgerzentrums hervor: "Die Unterstützung der Einrichtung eines Pilgerzentrums in Tarsus aus Anlass des Paulus-Jahres durch Ihre Person hätte aus meiner Sicht einen unschätzbaren Wert. Es wäre ein deutliches und unübersehbares Zeichen nach Innen und Außen für die in den heutigen Zeiten so wichtige Toleranz in Glaubensfragen."

Oberbürgermeister erinnert an Kölner Haltung zu Moscheebauten
Der Kölner Oberbürgermeister erinnert den türkischen Ministerpräsidenten und bekennenden Muslim an die Haltung der Stadt Köln zum Moscheebau in Ehrenfeld und auch an die demokratischen Proteste gegen den sogenannten Anti-Islamisierungs-Kongress im September: "Ich möchte bei dieser Gelegenheit daran erinnern, ohne daraus irgendwelche Ansprüche ableiten zu wollen, wie wichtig mir stets die Umsetzung des Baus der Moschee in Köln in Trägerschaft der DITIB war, der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion e.V., die dem türkischen Staat bekannter Maßen sehr nahe steht. Die Entscheidung für den Moscheebau wurde von mir stets als eine gute und richtige Entscheidung öffentlich vertreten und im Rahmen der mir Kraft meines Amtes gegebenen Möglichkeiten unterstützt."

Fritz Schramma weiter: "Auch als sich in Köln die Durchführung des sogenannten Anti-Islamisierungs-Kongresses am 20. September 2008 abzeichnete, der eng mit der Entscheidung für den Moscheebau in Zusammenhang gebracht wurde, habe ich mich mit an die Spitze der Gegenbewegung gestellt und habe mit zahllosen Kölnerinnen und Kölnern an der Gegendemonstration teilgenommen und die Ziele und Inhalte des Anti-Islamisierungs-Kongresses öffentlich verurteilt."

Der Oberbürgermeister beschließt den Brief mit einer eindeutigen Aufforderung an Erdogan: "Ich würde mich daher sehr freuen, wenn aus der Türkei ein ähnliches Zeichen gesendet würde und wenn Sie sich als Ministerpräsident an die Spitze dieser Bewegung stellen würden und ein deutliches Zeichen setzen."

Bischöfe geben Hoffnung nicht auf
Mit dem Besuch der Johannes-Basilika in Izmir hatten neun deutsche Bischöfe am Freitag ihre fünftägige Türkeireise beendet. Unter Leitung des Kölner Kardinals hatten sie vor allem Stätten der frühen Christenheit an der türkischen Mittelmeerküste aufgesucht, darunter Tarsus.

Es handelte sich um den ersten offiziellen Besuch einer ausländischen Bischofskonferenz in der Türkei. Damit schreibe die Deutsche Bischofskonferenz Geschichte, sagte der türkische Episkopatsvorsitzende, Bischof Luigi Padovese.  Er sprach von einem "sehr deutlichen Signal für unsere kleine Kirche".

Die Pilgerreise stand unter dem Leitwort "Auf den Spuren des Heiligen Paulus". Aus Anlass des 2.000. Geburtstages des Apostels hat Papst Benedikt XVI. ein Paulusjahr ausgerufen, das im Juni eröffnet wurde. Auch wenn heute fast alle Einwohner der Türkei dem Islam angehören, hat sie eine lange christliche und biblische Tradition. In Tarsus beispielsweise wurde Paulus geboren, und in Antiochien, dem heutigen Antakya, wurden die Jünger Jesu zum ersten Mal Christen genannt.

Knapp 250.000 Einwohner, aber so gut wie keine Christen
Während der Reise bekräftigte Meisner seinen Wunsch, in Tarsus solle dauerhaft eine Kirche für Gottesdienste genutzt werden können. Der Geburtsort des Apostels Paulus sei "von überragender Bedeutung weit über die katholische Kirche hinaus". Noch bis vor etwa 100 Jahren zählte die antike Hafenstadt zu den wichtigsten christlich geprägten Städten des östlichen Mittelmeerraumes. Heute leben dort knapp 250.000 Einwohner, jedoch so gut wie keine Christen mehr.

Seit längerem appellieren Bischöfe an die Türkei, in Tarsus auf Dauer eine Kirche zu genehmigen. Der deutsche Botschafter in Ankara, Eckart Cuntz, sieht dafür eine gute Chance. Das Vorhaben sei eine "wichtige Sache, für die wir uns einsetzen", sagte er im Anschluss an einen Gottesdienst.