Als öffentliche Orte der Trauer schlug sie am Dienstag im Deutschlandfunk vor, zum Beispiel lokale Gedenktafeln für die Corona-Toten der einzelnen Städte und Gemeinden anzubringen. Wer an Covid-19 sterbe, sterbe meist einsam und oft in gruseliger Umgebung.
In der Öffentlichkeit werde das Sterben in der Pandemie häufig auf die reinen Fallzahlen reduziert. Dies sei jedoch zu abstrakt, um es als individuelles Sterben zu begreifen. Die Gewöhnung an die hohen Sterbezahlen ende oft erst, sobald im unmittelbaren Lebensumfeld ein Fall auftrete.
Kaum Spuren kollektiven Erinnerns an Pandemie-Tote
In der Geschichte der Pandemien fänden sich jedoch im Vergleich zu Kriegen und gefallenen Soldaten nur wenige Spuren des kollektiven Erinnerns. Möglicherweise sei die Zahl der Toten einer Epidemie zu abstrakt, um eine Sprache hierfür zu finden. Man müsse sich jedoch der Trauer stellen. So hätte die Spanische Grippe vor hundert Jahren ganze Dörfer ausgelöscht. Aber es fände sich nicht einmal eine Plakette, die an die Tragödie erinnere.
Bahr, die auch Mitglied im Deutschen Ethikrat ist, forderte außerdem mehr Schutz für alte Menschen in Pflegeheimen und mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung für Pflegekräfte. Man habe sich zu wenig darüber verständigt, dass so viele Menschen in Pflegeheimen aufgrund der Pandemie den Tod fänden. Diese seien zu wenig geschützt worden. Die Öffentlichkeit reagiere auf Terrorangriffe stets mit Bestürzung, an die hohen Fallzahlen bei Toten infolge einer Coronavirus-Infektion habe sie sich jedoch inzwischen gewöhnt. Besonders für die Pflegekräfte sei diese Diskrepanz immer schwerer zu ertragen.