Kolping International stellt sich auf Flüchtlingswelle ein

"Unsere Partner sind bereit"

Die Kolping-Verbände der angrenzenden Länder der Ukraine bereiten sich darauf vor, Flüchtende aufzunehmen. Aber auch die Beschaffung von medizinischen Gütern sei jetzt erforderlich, berichtet Kolping International.

Flüchtlinge aus der Ukraine überqueren den Grenzübergang Medyka nach Polen. / © Markus Schreiber (dpa)
Flüchtlinge aus der Ukraine überqueren den Grenzübergang Medyka nach Polen. / © Markus Schreiber ( dpa )

DOMRADIO.DE: Kolping Ukraine hat seinen Sitz in Czernowitz. Wo genau liegt das und wie ist die Situation da gerade?

Gregor Federhen (Länderreferent Mittel- und Osteuropa Kolping International): Czernowitz ist ein Ort im Südwesten des Landes an der rumänischen Grenze, in einem Gebiet, namens Bukowina. Dort, wie überhaupt noch im ganzen Westen, also auch in der größten Stadt Lemberg/Lviv, ist es im Moment noch ruhig. Es gab zwar schon auch mal einige Raketeneinschläge, aber bislang ist die ganze Region noch nicht von den kriegerischen Auseinandersetzungen direkt betroffen.

DOMRADIO.DE: Was erzählen die Kolping-Leute vor Ort? Worauf stellen Sie sich ein? 

Federhen: Die rechnen tatsächlich mit einer längeren kriegerischen Auseinandersetzung und dass sich dann natürlich auch der Krieg auf ihre Region ausweiten wird. Sie sind jetzt sehr damit beschäftigt, viele Frauen und Familien mit ihren Kindern außer Landes zu bringen.

Einer unserer Schwerpunkte war bislang die Arbeit mit behinderten Kindern. Das ist natürlich eine Zielgruppe, die sich jetzt im Moment natürlich ganz stark Sorgen macht. Es wird versucht sie jetzt über die polnische Grenze außer Landes zu bringen.

Gregor Federhen

Sie bereiten sich wirklich darauf vor, dass sie dann in ihren Häusern die Verletzten versorgen werden und bitten um alle möglichen Dinge, die im medizinischen Bereich gebraucht werden.

Kolping International

Kolping International ist ein katholischer Sozialverband, der 1850 durch den Priester und Sozialreformer Adolph Kolping gegründet wurde. Mittlerweile sind sie als starke Weltfamilie und Solidargemeinschaft von Kolpingschwestern und Kolpingbrüdern in 60 Ländern aktiv. Man findet viele der 400.000 Mitglieder engagiert in Kirche, Gesellschaft und Politik.

Kolping-Tag / © Kolping (Kolping)
Kolping-Tag / © Kolping ( Kolping )

DOMRADIO.DE: Wir sprechen in einem Moment, wo sich Militärkonvois auf Kiew zubewegen. Eine humanitäre Katastrophe zeichnet sich ab. Was brauchen Ihre Leute in der Ukraine jetzt am dringendsten, um vorbereitet zu sein?

Federhen: Wir sind zum Glück in einer guten Situation, dass wir überall an den Grenzen auch mit Kolpingverbänden vertreten sind. Sowohl in Polen, Slowakei, Rumänien und Ungarn und überall laufen die Hilfsmaßnahmen auf Hochtouren. Wir bekommen von unserem Partner aus der Ukraine permanent mitgeteilt, was der aktuelle Bedarf ist. Das konzentriert sich im Moment hauptsächlich auf medizinische Güter.

Sie bereiten sich wirklich darauf vor, dass sie dann in ihren Häusern die Verletzten versorgen werden und bitten um alle möglichen Dinge, die im medizinischen Bereich gebraucht werden, Verbandsmaterial und alles mögliche andere. Aber auch für die Versorgung der Verteidigungskomitees, wie es sie in den Städten gibt, brauchen sie Dinge wie Schuhe, warme Socken und Walkie-Talkies. Sie werden in der Verteidigung der Städte beteiligt sein. Das geht Hand in Hand. Das versuchen wir jetzt in den Nachbarländern zu besorgen, das läuft jetzt auf Hochtouren.

Gregor Federhen

Wir stellen uns darauf ein, dass es sehr viele Binnenflüchtlinge geben wird, da sind wir zum Glück in einer guten Situation, dass unser Verband gerade in diesem Bereich schon über jahrelange Erfahrungen verfügt.

DOMRADIO.DE: Ein anderes, ganz großes Thema ist natürlich das der Flüchtlinge. Schon jetzt sind mehr als eine halbe Million Ukrainerinnen und Ukrainer geflüchtet. Wie versuchen Sie da, von Kolping International zu helfen?

Federhen: Wir stellen uns darauf ein, dass es sehr viele Binnenflüchtlinge geben wird, da sind wir zum Glück in einer guten Situation, dass unser Verband gerade in diesem Bereich schon über jahrelange Erfahrungen verfügt. Denn auch nach der Besetzung der Krim und den kriegerischen Auseinandersetzungen im Donbass gab es ja schon seit 2014 viele Flüchtlinge, die auch in den Westen des Landes geflohen sind. Von daher ist da der Verband wirklich sehr gut aufgestellt und hat sehr viel Erfahrung.

Aber auch in den Nachbarverbänden, insbesondere in Polen, aber auch in der Slowakei, in Ungarn und Rumänien, sind unsere Partner bereit und haben schon ganz klar signalisiert, wie viele sie wo aufnehmen können, in welchen Kolpinghäusern. Auch aus Deutschland, der Schweiz, Österreich, von überall bekommen wir nun eben die Angebote. Die Hilfsbereitschaft ist enorm und es geht jetzt darum, das zu koordinieren, zu kanalisieren und zusammenzubringen, sodass wir dann auch den Flüchtenden hier bei uns in Westeuropa entsprechend helfen können.

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Quelle:
DR