Kommentar zum Abschluss der Weltsynode

Revolutionäre Zwischentöne

Auch wenn die Synode nicht die Revolution ausgerufen hat, hat sie doch etwas verändert: Das Miteinander in der Kirche. Die Frage ist, ob das einen nachhaltigen Effekt hat. DOMRADIO.DE-Chefredakteur Renardo Schlegelmilch kommentiert.

Renardo Schlegelmilch / © Beatrice Tomasetti (DR)
Renardo Schlegelmilch / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Synodenaula während der Weltsynode / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Synodenaula während der Weltsynode / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Vorab: Wer die große Revolution zum Abschluss der Weltsynode erwartet, ist nun sicher enttäuscht. Weder wurde in Rom die Frauenweihe beschlossen, noch die grundlegende Haltung der Kirche zum Thema Homosexualität verändert. Besonders nach dem Synodalen Weg in Deutschland mit seinen deutlichen Reform-Voten hätten sich sicher einige mehr erhofft. Gerade, da der weltweite synodale Prozess in den vergangenen drei Jahren ein noch nie dagewesenes Mitbestimmungsprojekt auf die Beine gestellt hat. War das nun alles für die Tonne?

Keineswegs, aber die revolutionären Momente dieser Synode lassen sich schlecht auf Schlagzeilen oder Nachrichtenmeldungen runterbrechen. Viele Delegierte sprechen von einem neuen Miteinander, das die Beratungen in Rom geprägt hat. Hat man sich bei der ersten Runde der Synode vor einem Jahr noch mitunter mit Argwohn begegnet, seien die Debatten diesmal von Respekt und Zuhören geprägt gewesen.

Die Sache mit der Synodalität

Gerhard Ludwig Müller und James Martin SJ (privat)
Gerhard Ludwig Müller und James Martin SJ / ( privat )

Wenn es die Schlagzeilen nicht erfassen können, kann es vielleicht ein Foto. Bis heute bin ich immer noch beeindruckt von der Begegnung des Jesuiten und LGBTQ-Aktivisten James Martin mit dem ehemaligen Glaubenspräfekten Gerhard Ludwig Müller. Zwei Menschen, die kirchenpolitisch nicht weiter auseinander stehen könnten, aber durch ihren Respekt für den kürzlich verstorbenen Befreiungstheologen Gustavo Gutierrez verbunden wurden. Solche Zwischentöne beschreiben den Wert der Synode mehr als die eigentlichen Inhaltspunkte im Abschlussdokument.

Die Kirche lernt durch die Synode ein neues Miteinander, auch zwischen kontroversen Positionen. Wir leben in einer Zeit, die gesellschaftlich, politisch und auch kirchlich immer stärker polarisiert ist. Schaut man auf die anstehende US-Wahl oder den Aufstieg der AfD hat unsere Gesellschaft eine synodale Stimme des Ausgleichs mehr als nötig. Keine Gleichmacherei und kein Kleinreden von Konflikten, sondern ein respektvolles, wertschätzendes Zuhören. Die große Frage wird nun sein, ob die katholische Kirche es schafft, diese Werte auch über die Synode hinaus in die Welt zu tragen. 

Renardo Schlegelmilch

Renardo Schlegelmilch ist Journalist mit Schwerpunkt Kirche und Gesellschaft. Seit 2008 arbeitet er in verschiedenen Funktionen bei DOMRADIO.DE. Er betreut und moderiert unter anderem das Podcastformat "Himmelklar" und berichtet regelmäßig aus dem Vatikan. Seine Schwerpunkte sind Kirchenpolitik und Internationales. Von Beginn an begleitet und kommentiert er die Debatten um den Reformprozess des Synodalen Weges. Regelmäßig berichtet er auch für ausländische Medien über die Kirche in Deutschland, unter anderem für den "National Catholic Reporter" aus den USA. 

Renardo Schlegelmilch / © Marike Balsereit
Renardo Schlegelmilch / © Marike Balsereit
Quelle:
DR