Konflikt in Amsterdams russischer Gemeinde um Kyrill I.

"Wie ein klerikaler Panzer"

In der russisch-orthodoxe Kirchengemeinde in Amsterdam gab es Drohungen gegen Gemeinde und Klerus. Dem vorausgegangen war ein Konflikt um den Moskauer Patriarchen Kyrill I.. Nun wurde die Kirchengemeinde vorerst geschlossen.

Kyrill I., Patriarch von Moskau und ganz Russland / © Corinne Simon (KNA)
Kyrill I., Patriarch von Moskau und ganz Russland / © Corinne Simon ( KNA )

Wie das "Nederlands Dagblad" (Online-Ausgabe Samstag) berichtete, gibt es zwischen der Gemeinde und dem zuständigen Erzbischof Elisey Streit um die in der Liturgie vorgesehene Nennung des Moskauer Patriarchen Kyrill. Wegen dessen "voller Unterstützung" für die Invasion der Ukraine hatte die Gemeinde entschieden, Kyrills Namen nicht mehr zu nennen.

Priester verstanden Besuch als Drohung

Am vergangenen Sonntag habe Erzbischof Elisey die Gemeinde unangekündigt besucht, so die Zeitung unter Berufung auf einen Brief der Priester an die Gemeinde "Heiliger Nikolaus von Myra". Der Erzbischof sei kurz vor Beginn des Gottesdienstes in einem Diplomatenwagen der russischen Botschaft vorgefahren und habe darauf bestanden, den Namen des Patriarchen während des Gottesdienstes zu nennen. Anschließend habe der Erzbischof zwei Priestern der Gemeinde mitgeteilt, die Haltung ihrer Gemeinde sei "nicht nur für das Patriarchat, sondern auch für das russische Außenministerium von großer Bedeutung".

Die Priester hätten dies ausdrücklich als Drohung verstanden, zitiert die Zeitung eine Quelle aus der Gemeinde. Vorletzte Woche hatte die Gemeinde, in der orthodoxe Christen verschiedener Nationalitäten seit Jahren gemeinsam Gottesdienst feiern, bereits eine Petition unterzeichnet, in der Kyrill aufgefordert wird, ein Ende der Invasion in der Ukraine zu verlangen.

Der Besuch des Erzbischofs sei "wie ein klerikaler Panzer" gewesen, der in ihre Gemeinde geschickt wurde. Danach habe sich "der Druck auf unsere Gemeinde weiter erhöht", zitierte die Zeitung die Geistlichen weiter. Es habe Drohungen gegen Gemeinde und Klerus gegeben. Am Dienstag wurde die Kirche zudem mit dem umstrittenen pro-russischen Z-Symbol verunstaltet.

Zuflucht im Patriarchat von Konstantinopel?

Inzwischen haben niederländische Behörden Sicherheitsmaßnahmen rund um die Kirche verstärkt. Am Samstag stattete die niederländische Ministerin für Justiz und Sicherheit, Dilan Yesilgöz-Zegerius, der Gemeinde einen Besuch ab und lobte deren Engagement.

Später teilten die vier Priester der Gemeinde und der Diakon mit, ihnen sei es nicht mehr möglich, "innerhalb des Moskauer Patriarchats zu arbeiten und ihren Gläubigen ein geistig sicheres Umfeld zu bieten". Man habe Metropolit Athenagoras von Belgien, den Niederlanden und Luxemburg - den Vertreter des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel - gebeten, in seine Diözese aufgenommen zu werden.

Ökumenisches Patriarchat von Konstantinopel

Das Ökumenische Patriarchat in Istanbul ist geistliches Zentrum der orthodoxen Christenheit und repräsentiert rund 220 bis 300 Millionen Christen in aller Welt. Der Überlieferung zufolge gründete der Apostel Andreas den Bischofssitz von Byzantion, dem heutigen Istanbul. Die Residenz des Patriarchats wird nach dem Stadtviertel, in dem sie sich befindet, kurz Phanar (Fener) genannt.

Blick auf Istanbul mit dem Galataturm (m.) / © Hassan Jamal (KNA)
Blick auf Istanbul mit dem Galataturm (m.) / © Hassan Jamal ( KNA )

 

Quelle:
KNA