Konflikt um orthodoxe Kathedrale in der Ukraine

Verlust der Kathedrale in Lwiw?

Der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche droht der Verlust ihrer Kathedrale in Lwiw, Lemberg. Die Gemeindemitglieder hätten der dortigen "Existenz des sogenannten Moskauer Patriarchats" ein Ende gesetzt.

Ein Mann zündet eine Kerze in der Kathedrale Wladimir der Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU) in Kiew an / © Sergey Korovayny (KNA)
Ein Mann zündet eine Kerze in der Kathedrale Wladimir der Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU) in Kiew an / © Sergey Korovayny ( KNA )

Sie hätten für einen Wechsel zur Orthodoxen Kirche der Ukraine gestimmt, das berichtete der Gouverneur der westukrainischen Region Lwiw, Maksym Kosyzkyj, am Mittwoch auf Facebook und Telegram.

Die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche (UOK) bestreitet aber ein solches Votum und wirft unter anderem einem Kommunalpolitiker vor, die Kathedrale unter Einfluss der Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU) bringen zu wollen.

Bis zu 50 "Provokateure" sollen den Gottesdienst gestört haben

Demnach kamen am Mittwochmorgen bis zu 50 "Provokateure" in das Gotteshaus und störten den Gottesdienst. Der Vizevorsitzende des Regionalparlaments von Lwiw, Jurij Cholod, habe mit diesen Personen eine Versammlung für einen Übertritt zur OKU abgehalten. Auch ein Priester der OKU habe sich an der Aktion beteiligt, so die UOK. Sie kündigte juristische Schritte an.

Cholod feierte auf Facebook den Konfessionswechsel. Er rief dazu auf, am Sonntag die "ukrainische" Messe in der Kathedrale zu besuchen. Gouverneur Kosyzkyj äußerte die Hoffnung, dass das Gotteshaus bald zu einer Kirche der OKU werde. Er verbreitete ein kurzes Video der umstrittenen Gemeindeversammlung in der Kathedrale.

Laut Gesetz braucht es für den Übertritt einer Pfarrei zu einer anderen Konfession nur die Zustimmung einer Mehrheit ihrer Gläubigen. Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 schlossen sich mehrere hundert Gemeinden der UOK der OKU an. Dabei kam es vereinzelt zu Handgreiflichkeiten.

Kirchenstreit wegen Haltung zu Russland

Der orthodoxe Kirchenstreit in der Ukraine dreht sich um die Haltung zu Russland. Ukrainische Politiker beschuldigen die UOK, sie halte zu Moskau und dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I., der den Angriffskrieg unterstützt. Die UOK weist das vehement zurück. Im Mai 2022 erklärte sie sich offiziell für unabhängig vom Moskauer Patriarchat. Trotz der vielen Wechsel von Gemeinden zählt die Kirche mit rund 12.000 Pfarreien weiter mit Abstand die meisten in der Ukraine.

Die umkämpfte Kathedrale in Lwiw wurde von 1897 bis 1901 nach Plänen des österreichischen Architekten Gustav Sachs gebaut. Die dem heiligen Georg geweihte Kirche ist der einzige alte Sakralbau der UOK in der westukrainischen Metropole. Daneben verfügt sie nur über eine Holzkapelle. Die meisten Bürger Lwiws sind griechisch-katholische Christen.

Christliche Kirchen in der Ukraine

Die kirchlichen Verhältnisse in der Ukraine sind komplex. Rund 70 Prozent der 45 Millionen Ukrainer bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Sie gehören allerdings zwei verschiedenen Kirchen an: der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) des Moskauer Patriarchats und der autokephalen (eigenständigen) Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU). Zudem gibt es eine römisch-katholische Minderheit mit rund einer Million Mitgliedern sowie die mit Rom verbundene (unierte) griechisch-katholische Kirche der Ukraine.

Das Heilige Feuer aus Jerusalem am 18. April 2020 im Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra, Hauptsitz der ukrainisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats. / © Sergey Korovayny (KNA)
Das Heilige Feuer aus Jerusalem am 18. April 2020 im Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra, Hauptsitz der ukrainisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats. / © Sergey Korovayny ( KNA )
Quelle:
KNA