Undenkbar war es, dass Frauen damals auf Baustellen mit Schaufel und Maurerkelle anpackten. "Sie durften nur in der Küche mitmachen", erzählt Geschäftsführer Peter Runck, wie es vor 70 Jahren beim Internationalen Bauorden war.
"Kirche in Not"-Gründer gründete auch Bauorden für Deutschland-Hilfe
Als der flämische katholische Ordensmann Werenfried van Straaten 1953 den Hilfsverein gründete, waren allein handwerklich begabte Männer zugelassen: In Deutschland und ganz Europa unterstützten sie soziale Projekte mit ehrenamtlichen Bau- und Renovierungsarbeiten – auch, um die Völker auf dem kriegsversehrten Kontinent wieder miteinander zu versöhnen.
Die ungleiche Situation ist längst passé. "Mitmachen können alle, die auf einer Baustelle zusammen mit anderen arbeiten wollen", sagt Runck.
In den Teams der mehrwöchigen sogenannten Baucamps sind Frauen mittlerweile mit zwei Dritteln in der Mehrheit.
Engagement und Abenteuerlust als Konzept spricht junge Freiwillige an
"Sie haben oft mehr Durchhaltevermögen als die Jungs", lobt der 62 Jahre alte Sozialpädagoge, der die Arbeit des Bauordens mit Sitz in Ludwigshafen am Rhein koordiniert.
Schwerpunkt sind Projekte in Mittel- und Osteuropa – auch die kriegsgeschundene Ukraine wird weiter mit Geld- und Sachspenden unterstützt.
Soziales Engagement und Abenteuerlust: Auch sieben Jahrzehnte nach seiner Gründung scheint das Konzept des gemeinnützigen Vereins viele anzusprechen, vor allem junge Menschen im Alter von 18 bis 25 Jahren.
Etliche der Baucamps im Sommer bereits ausgebucht
Sechs bis zwölf Freiwillige bilden eine Gruppe. Sie helfen mit, etwa einen Kindergarten, ein Altenheim, ein kirchliches Gemeindezentrum oder ein Krankenhaus zu bauen oder instand zu setzen.
Dafür gibt es einen Zuschuss für Unterkunft und Verpflegung. Die Reisekosten müssen die Freiwilligen selbst tragen.
![Freiwillige des Bauordens haben auf dem Hofgut Oberfeld bei Darmstadt, einem oekologischen Bauernhof, ein neues Backhaus gebaut, in dem eine heilpädagogische Einrichtung entsand. Foto vom 23.08.2018 / © Andrea Kahne-Valencia/Internationaler Bauorden Freiwillige des Bauordens haben auf dem Hofgut Oberfeld bei Darmstadt, einem oekologischen Bauernhof, ein neues Backhaus gebaut, in dem eine heilpädagogische Einrichtung entsand. Foto vom 23.08.2018 / © Andrea Kahne-Valencia/Internationaler Bauorden](/system/files/styles/w21_dmr_theme_embed_xs_1x/private/image/Freiwillige%20des%20Bauordens%20haben%20auf%20dem%20Hofgut%20Oberfeld%20bei%20Darmstadt%2C%20einem%20oekologischen%20Bauernhof%2C%20ein%20neues%20Backhaus%20gebaut%2C%20in%20dem%20eine%20heilp%C3%A4dagogische%20Einrichtung%20entsand.%20Foto%20vom%20%2023.08.2018t.jpg.avif?itok=gjV06AQK)
Etliche der in den Sommer- und Herbstferien in 16 Ländern stattfindenden Baucamps seien bereits ausgebucht, sagt Bauorden-Geschäftsführer Runck.
Eigene Baucamps für Senioren, Familien und Minderjährige
Insgesamt 35 Baucamps gibt es etwa in Polen, Lettland, Tschechien, Georgien, Albanien sowie in Frankreich und Belgien, 16 davon sind in Deutschland.
Vor allem durch Mund-zu-Mund-Propaganda würden die oft kirchlich sozialisierten Freiwilligen auf die Arbeit des konfessionell und weltanschaulich offenen Vereins aufmerksam.
Senioren, Familien und minderjährige Jugendliche sind zu eigenen Baucamps eingeladen, mitmachen können zudem Geflüchtete.
Chance für schulisch schwache, sozial benachteiligte oder straffällige jungen Menschen
Weiterhin will der Bauorden gerade jungen Menschen, die schulisch nicht so gut, sozial benachteiligt oder auch straffällig geworden sind, die Chance zum Mithelfen geben, betont Runck.
"Wir wollen in dieser Nische bleiben."
![Wiederaufbau eines zerstörten und unbewohnten Dorfes in der Nähe der bosnischen Stadt Srebrenica, Foto vom 08.08.2022. In Kasapic, in einem malerischen Flusstal, entsteht das Öko- und Friedensdorf Ekometa - als Mahnung für Frieden und als Ort für nachhaltigen Tourismus / © Internationaler Bauorden (epd) Wiederaufbau eines zerstörten und unbewohnten Dorfes in der Nähe der bosnischen Stadt Srebrenica, Foto vom 08.08.2022. In Kasapic, in einem malerischen Flusstal, entsteht das Öko- und Friedensdorf Ekometa - als Mahnung für Frieden und als Ort für nachhaltigen Tourismus / © Internationaler Bauorden (epd)](/system/files/styles/w21_dmr_theme_embed_xs_1x/private/image/Wiederaufbau%20eines%20zerst%C3%B6rten%20und%20unbewohnten%20Dorfes%20in%20der%20N%C3%A4he%20der%20bosnischen%20Stadt%20Srebrenica%2C%20Foto%20vom%2008.08.2022.%20In%20Kasapic%2C%20in%20einem%20malerischen%20Flusstal%2C%20entsteht%20das%20%C3%96ko-%20und%20Friedensdorf%20Ekometa.jpg.avif?itok=qHieBmDP)
Auch der Einsatz gegen Rassismus und Nationalismus bleibe wichtig: Wer mit anderen Freiwilligen etwa im bosnischen Srebrenica mehr als 25 Jahre nach dem Massaker an muslimischen Männern und Jungen ein zerstörtes Dorf wiederaufbaue, der erkenne, wie wertvoll ein friedliches Zusammenleben sei, sagt Runck.
Bauorden ist in Deutschland bei sozio-kulturellen Projekte aktiv
In Deutschland ist der Bauorden besonders bei sozio-kulturellen Projekten aktiv.
In Mannheim etwa unterstützen Freiwillige mit Maler-, Schreiner- und Renovierungsarbeiten ein inklusives Wohn- und Arbeitsprojekt auf einem ehemaligen Kasernengelände: Künstlerinnen und Künstler haben dort ihre Ateliers und Ausstellungsräume und leben mit Familien sowie Menschen mit Assistenzbedarf zusammen.
Bauorden-Projekt für mehr als 60 aus der Ukraine geflüchtete Gehörlose
Auch wenn in der Ukraine derzeit keine Baucamps möglich seien, so werde die Arbeit von Partnerorganisationen etwa für Binnenflüchtlinge oder für Krankenhäuser und Kinderheime weiter unterstützt, sagt Runck.
![Menschen in der ukrainischen Stadt Drohobytsch nehmen Hilfsgueter des Internationalen Bauorden entgegen, die die Caritas als regionaler Partner verteilt / © Internationaler Bauorden (epd) Menschen in der ukrainischen Stadt Drohobytsch nehmen Hilfsgueter des Internationalen Bauorden entgegen, die die Caritas als regionaler Partner verteilt / © Internationaler Bauorden (epd)](/system/files/styles/w21_dmr_theme_embed_xs_1x/private/image/Menschen%20in%20der%20ukrainischen%20Stadt%20Drohobytsch%20nehmen%20Hilfsgueter%20des%20Internationalen%20Bauorden%20entgegen%2C%20die%20die%20Caritas%20als%20regionaler%20Partner%20verteilt.jpg.avif?itok=oVUlCpJk)
Bundesweit einmalig sei das Bauorden-Projekt für mehr als 60 aus der Ukraine geflüchtete Gehörlose in Ludwigshafen.
"Für sie gibt es einen Treffpunkt, zudem helfen Gebärdendolmetscher etwa bei Behördengängen", sagt Runck, der zum Jahresende in den Ruhestand geht.