Mit dem Schreiben an Thomas de Maizière, so Anba Damian am Sonntag (02.01.2011) im Gespräch mit domradio.de, habe er auf die Situation in Deutschland aufmerksam machen wollen. Kopten in Hannover, München und Berlin seien in den vergangenen Monaten bedroht worden, darüber habe die Kriminalpolizei selber die Kirchenvertreter informiert.
Am Vorabend des Neujahrsfestes habe er ein "merkwürdiges Gefühl in seinem Herzen verspürt" und deshalb das Fax-Schreiben an die Bundesregierung vier Stunden vor Mitternacht abgesandt. Kurz nach Mitternacht explodierte in Alexandria die Bombe des Selbstmordattentäters, mit der er mindestens 22 Menschen in den Tod riss und 79 zum Teil schwer verletzte.
Der Anschlag stünde in einer Reihe mit anderen in der Vergangenheit, klagte der Bischof. Kopten in Ägypten seien kontinuierlicher Diskriminierung und Verfolgung ausgesetzt. Doch die Regierung in Kairo ändere nichts an der rechtlichen Situation für die Christen im Land. Ägypten gebe sich zwar säkular, sei aber qua Verfassung dem islamischen Recht der Scharia unterworfen. Nach Anschlägen wie dem in Alexandria beschwichtige die Regierung die Weltöffentlichkeit stets mit "blumigen Statements" und "Versprechungen", doch Konsequenzen in der Rechtssprechung folgten nicht.
"Was sollen sie denn tun?"
Dabei seinen Kopten in Ägypten stets solidarisch mit dem Staat gewesen. Dass sie sich jetzt Hunderte Demonstranten Scharmützel mit der Polizei lieferten, verstehe er gut. "Was sollen sie denn tun?" Sie hätten ja sonst kaum Rechte. Gleichberechtigung von Christen und Muslimen sei absolut notwendig, um die Situation zu ändern.
Allerdings erwartet Damian auch nach dem Attentat nicht, dass sich etwas ändern wird. "Es kann sein, dass die Wahrnehmung anders wird - aber wir haben schon immer geschrien und auf unsere Situation hingewiesen." Seit dem Angriff stünde er im ständigen Kontakt mit Kopten in Alexandria. Schon zahlreiche Mitleidsbekundungen auch von Muslimen wie dem ägyptischen Botschafter Polens habe er erhalten. Der Vertreter Ägyptens in Berlin habe sich allerdings noch nicht gemeldet. Auch auf eine Antwort Thomas de Maizières wartet der Geistliche vom koptisch-orthodoxen Kloster der Heiligen Jungfrau Maria und des Heiligen Mauritius im westfälischen Höxter-Brenkhausen noch.
Kopten in Deutschland zwischen Trauer und Wut nach Anschlag
"Kontinuierliche Verfolgungen"
Trauer und Wut nach dem blutigen Bombenattentat von Alexandria: Im Interview mit domradio.de spricht der koptisch-orthodoxe Bischof für Deutschland, Anba Damian, über das Schicksal seiner Glaubensschwestern und –brüder in Ägypten. Aber auch in Deutschland sei man bedroht. Nur kurz vor dem Anschlag habe er deshalb einen Brief an den Bundesinnenminister geschrieben.
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