Die antiisraelischen Proteste beim Eurovision Song Contest (ESC) in Malmö sind in Deutschland auf massive Kritik gestoßen.
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte dem Berliner "Tagesspiegel" (Sonntag online): "Dass eine israelische Künstlerin sich mitten in Europa nicht frei bewegen kann, in ihrem Hotel bleiben muss und nur unter Polizeischutz zum Auftritt kann, ist bezeichnend." Es sei erschreckend, dass sie dort auch noch ausgepfiffen worden sei.
"An dem ESC wurde leider deutlich, wie weit wir in Europa schon gekommen sind", sagte Schuster. "Aber Eden Golan, die israelische Starterin, hat das unter diesen schwierigen Umständen sehr gut gemeistert." Ein großartiges Signal sei gewesen, dass sie nach Kroatien die zweitmeisten Publikumsstimmen bekommen habe.
"Unheilvolle Allianz"
Schuster nannte es einen Fehler, dass die Organisatoren Malmö als Ort für die Veranstaltung am Samstagbabend wählten. "Denn wenn es eine Stadt in Europa gibt, wo der Antisemitismus besonders ausgeprägt ist, dann ist das Malmö - und zwar völlig unabhängig von Israel." Hinzu komme ein hoher Anteil von Palästinensern; "das war eine eher unheilvolle Allianz".
Auch die Klimaaktivistin Greta Thunberg, die bei den Protesten dabei war, kritisierte Schuster: "Sie diskreditiert ihr ursprüngliches Anliegen massiv und wird zum Aushängeschild einer Bewegung, die von Israel-Hass getrieben und in vielen Teilen auch antisemitisch ist."
Dem ARD-Moderator der Live-Übertragung hielt Schuster vor, Israel auf eine Stufe mit Russland und dessen Angriffskrieg gegen die Ukraine gestellt zu haben. "Ich sage nicht, dass Israel alles richtig macht", so der Präsident. Aber bei der Bewertung dessen, was gerade in Gaza geschieht, könne man den 7. Oktober nicht ausklammern.
Protest gegen die israelische Kulturszene?
Auch der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, verurteilte "auf das Schärfste" die antiisraelischen Proteste beim ESC und die Boykottaufrufe gegen die israelische Sängerin Golan.
"Es entspricht einem gängigen antisemitischen Muster, Israelis kollektiv in Haftung für Handlungen ihrer Regierung oder ihrer Armee zu nehmen, die sie oftmals selbst verurteilen", sagte Klein den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Hierunter leide gerade die progressive israelische Kulturszene erheblich.
"Dass die Klimaaktivistin Greta Thunberg an den fehlgeleiteten Demonstrationen teilgenommen hat, ist traurig, wenn auch nicht überraschend", so der Regierungsbeauftragte. "Sie sollte sich ebenso wie die Protestierer hierzulande klarmachen, dass sie an absolut falscher Stelle angreift."