Kritik an israelischem Ministerbesuch auf Tempelberg

Von arabischer Seite

Israel kommt nicht zur Ruhe. Am Gedenktag an die Zerstörung des ersten Tempels in Jerusalem besuchte der umstrittene Minister Ben-Gvir die Heilige Stätte – eine Provokation vor allem für Muslime.

Eine muslimische Frau und ein Mädchen sitzen auf einer Mauer vor der Al-Aksa-Moschee (Al-Aqsa-Moschee) und dem Felsendom auf dem Tempelberg in der Altstadt von Jerusalem / © Corinna Kern (KNA)
Eine muslimische Frau und ein Mädchen sitzen auf einer Mauer vor der Al-Aksa-Moschee (Al-Aqsa-Moschee) und dem Felsendom auf dem Tempelberg in der Altstadt von Jerusalem / © Corinna Kern ( KNA )

Die arabische Welt hat mit scharfen Worten auf den Besuch des rechtsradikalen israelischen Ministers für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, auf dem Tempelberg reagiert. "Wenn Extremisten unter dem Schutz der israelischen Besatzungspolizei in das Heiligtum eindringen und provokative Handlungen durchführen können", könne dies schwerwiegende Konsequenzen haben, erklärte etwa das jordanische Außenministerium laut Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur "Petra" (Donnerstag).

"Verletzung des Völkerrechts"

Ministeriumssprecher Sinan Majali sprach von einer eklatanten Verletzung des Völkerrechts sowie des historischen und rechtlichen Status quo in Jerusalem und seinen Heiligtümern, über die Israel keine Souveränität habe. Der Sprecher von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, Nabil Rudeineh, bezeichnete Ben-Gvirs Besuch laut der palästinensischen Nachrichtenagentur "Wafa" als gefährliche Angelegenheit, die zur Eskalation der Situation beitrage. Der Besuch jüdischer Extremisten auf dem Tempelberg sei eine Provokation für die Gefühle von Muslimen weltweit, so Rudeineh, der vor mehr Spannungen und Gewalt warnte.

Tempelberg mit Felsendom (Mitte) / © Oded Balilty (dpa)
Tempelberg mit Felsendom (Mitte) / © Oded Balilty ( dpa )

Eskalation 

Auch die radikalislamische Hamas im Gazastreifen sprach von einer ernsthaften Eskalation, die ein Teil des "Religionskriegs" der israelischen Besatzung gegen die Palästinenser sei. Das palästinensische Volk werde die Al-Aksa-Moschee um jeden Preis verteidigen. Weitere Verurteilungen des Ministerbesuchs kamen laut israelischen Medienberichten aus Saudi-Arabien, Ägypten und der Türkei.

"Zeigen, dass wir regieren"

Ben-Gvir hatte den Tempelberg, arabisch Haram al-Scharif am Donnerstag anlässlich des jüdischen Fast- und Gedenktags an die Zerstörung des ersten Tempels im Jahr 586 vor Christus durch die Babylonier sowie des zweiten Tempels im Jahr 70 nach Christus durch die Römer besucht, den Juden jeweils am neunten Tag des jüdischen Monats Av (Tischa beAv) begehen. Dabei rief der Politiker das israelische Volk zu Geschlossenheit auf und forderte zugleich israelische Souveränität an der Heiligen Stätte. "Dies ist der wichtigste Ort für das israelische Volk, an den wir zurückkehren müssen, um zu zeigen, dass wir regieren", sagte er laut Medienberichten.

Palästinensische Flagge vor Felsendom / © Debbie Hill/CNS photo (KNA)
Palästinensische Flagge vor Felsendom / © Debbie Hill/CNS photo ( KNA )

Die israelische Polizei, die seit Mittwochabend mit einem massiven Aufgebot in und um die Jerusalemer Altstadt im Einsatz ist, nahm am Donnerstag nach eigenen Angaben 18 jüdische Besucher am Tempelberg fest, die gegen Besuchsregeln verstoßen oder die öffentliche Ordnung gestört hätten. Palästinensische Medien berichteten unterdessen, die israelische Polizei gehe verstärkt gegen palästinensische Besucher der Stätte vor, etwa mit Ausweiskontrollen und kurzzeitigen Festnahmen.

Tempelberg wichtig für Juden, Christen und Muslime

Der Tempelberg ist für Juden, Muslime und Christen eine wichtige Heilige Stätte. Bis zur Zerstörung durch die Römer im Jahr 70 befand sich an dieser Stelle der jüdische Tempel, zentrales Heiligtum Israels. Zahlreiche biblische und religiöse Überlieferungen wie die Erschaffung Adams und Evas, die Opferung Isaaks oder aufseiten des Islam die Himmelsreise Mohammeds sind mit dem Ort verbunden.

An Besuchen nationalistischer Israelis auf dem Tempelberg sowie an jüdischen Forderungen nach Gebetsrechten auf dem Tempelberg entzündete sich in der Vergangenheit wiederholt teils gewalttätiger Protest von Palästinensern. Ein Besuch des späteren israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon auf dem Tempelberg im Jahr 2000 gilt als Mitauslöser des zweiten palästinensischen Aufstands gegen Israel, Intifada. 

Tempelberg

Tempelberg mit Felsendom (Mitte) / © Oded Balilty (dpa)
Tempelberg mit Felsendom (Mitte) / © Oded Balilty ( dpa )

Der Tempelberg, arabisch "Haram al-Scharif" (edles Heiligtum) ist für Juden, Muslime und Christen eine wichtige Heilige Stätte. Bis zur Zerstörung durch die Römer im Jahr 70 befand sich an dieser Stelle der jüdische Tempel, zentrales Heiligtum Israels.

Zahlreiche mythische und biblische Traditionen und Legenden wie die Erschaffung Adams und Evas, die Opferung Isaaks und die Himmelfahrt Mohammeds sind mit dem Ort verbunden. Die Stätte liegt im Südosten der Jerusalemer Altstadt oberhalb des Kidron-Tals.

Quelle:
KNA