Der Erzbischof von Lima, Carlos Castillo Mattasoglio, spricht sich für ein Verbot der Bewegung "Sodalitium Christianae Vitae" aus. In einem Gastbeitrag für die spanische Zeitung "El Pais" vom Wochenende nennt der künftige Kardinal die Gemeinschaft ein "gescheitertes Experiment des Kalten Krieges in Lateinamerika".
Mitglieder entlassen, Gründer ausgeschlossen
Eine kirchenrechtliche Untersuchung im Juli und August 2023 hatte schweren Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt innerhalb der Gemeinschaft ans Licht gebracht, die in Lateinamerika kurz "Sodalicio" genannt wird. Im September 2024 wurden zehn Mitglieder auf Geheiß des Papstes aus dem Sodalicio entlassen. Einen Monat zuvor hatte der Vatikan bereits den Gründer Luis Fernando Figari nach Vorwürfen sexuellen Missbrauchs offiziell aus der Gemeinschaft ausgeschlossen.
Politische Intitiative zur Förderung des Faschismus
Castillo sieht im 1971 gegründeten Sodalicio ein politisches Projekt, das zu einer "Wiederauferstehung des Faschismus in Lateinamerika" führen sollte. In seinem Gastbeitrag erläutert der Erzbischof die Rolle von Mitgliedern der Gemeinschaft bei der Bekämpfung der "Theologie der Befreiung", mit der sich lateinamerikanische Theologen für eine Zuwendung zu den Armen ausgesprochen hatten. Im Sodalicio gibt es nach Ansicht Castillos keine erhaltenswerte Gabe des Heiligen Geistes: "Es gibt nur Charisma, wenn die Person eine Gabe des Geistes für die ganze Kirche erhält und ihre Werke gut sind." Beim Sodalicio hätten Figari und andere Gründungsfiguren nur ein Charisma erfunden, "um ein politisches und sektiererisches Projekt zu schützen".
1971 gegründet, 1997 vom Vatikan anerkannt
Der Sodalicio wurde 1971 in Lima gegründet. Binnen weniger Jahre erlangte die Gruppe als Gegenbewegung zur politisch als linkslastig empfundenen Befreiungstheologie großen Einfluss in der katholischen Kirche. Papst Johannes Paul II. (1978-2005) erkannte die Organisation 1997 offiziell an. Im Vatikan wurde die Bewegung damals hoch geschätzt. Sie füllte ihre Priesterseminare und Ordenshäuser mit jungen Mitgliedern, während die Seminare anderer Ordensgemeinschaften immer leerer wurden. Hinweise, dass es dabei zu Misshandlungen gekommen sei, wurden von den örtlichen Kirchenoberen lange Zeit nicht verfolgt.