Leiterin des Katholischen Büros Sachsen nimmt Arbeit auf

"Die Kirchen haben zu vielen Fragen etwas zu sagen"

Zum 1. Oktober hat Daniela Pscheida-Überreiter die Leitung des Katholischen Büros in Dresden übernommen, der Schnittstelle von Kirche und Politik. Obwohl die Katholiken in Sachsen in der Minderheit sind, hat ihr Wort durchaus Gewicht.

 © Julia Funke (Bistum Dresden-Meißen)

DOMRADIO.DE: Die katholische Kirche ist in Sachsen eine Minderheit. Nur wenige Prozent der Bevölkerung sind katholisch, noch weniger als evangelisch. Interessiert es die Politik überhaupt, was die Kirchen sagen und denken?

Dr. Daniela Pscheida-Überreiter (Leiterin des katholischen Büros Dresden): Ich gehe davon aus, dass die Position und die Stimme der Kirchen für die Politik von Interesse ist, auch wenn wir als Kirchen gerade im Osten längst keine relevante Mehrheit an Personen stellen, die diesen Kirchen angehören.

Tatsächlich haben die Kirchen zu vielen Fragen etwas zu sagen, gerade auch zu den zunehmend komplexer werdenden Fragen, die unsere Gesellschaft so umtreiben. Damit sind wir Gesprächspartner, deren spezifische Perspektive wirklich geschätzt und als wichtig angesehen wird. Sie wird als Perspektive wahrgenommen, die den Blick auf die gesellschaftlichen Fragen in einem entscheidenden Maße erweitert und bereichert. So habe ich es bis jetzt auch hier in Sachsen wahrgenommen

DOMRADIO.DE: Was sind die Themen, wo Sie auf die Politik oder wo die Politik auf Sie zukommt?

Pscheida-Überreiter: Das sind zunächst einmal die im Staatskirchenvertrag geregelten Themen und Bereiche wie der konfessionelle Religionsunterricht, aber auch zum Beispiel die Seelsorge in den Krankenhäusern, in den Justizvollzugsanstalten. Und dann sind wir hoffentlich auch Gesprächspartner in allen Fragen, die ethische Aspekte betreffen.

Daniela Pscheida-Überreiter

"Ein ganz drängendes Thema ist im Moment die Migration."

Ein ganz drängendes Thema ist im Moment die Migration und die damit verbundene Frage, wie wir mit diesem Thema in unserem Land, auch in Sachsen, umgehen. Da ist aus meiner Sicht natürlich auch interessant, was denn die Kirchen zu diesem Thema sagen. Welchen spezifischen Beitrag können sie leisten, was können sie in die Debatte einbringen und welche Gedanken zu Konsequenzen politischer Entscheidungen können sie dazulegen, die der Politik weiterhelfen?

DOMRADIO.DE: Jetzt sind Sie Leiterin des Katholischen Büros in Dresden für Sachsen. Das heißt aber nicht, dass Sie nur das Bistum Dresden-Meißen vertreten. Es gibt da Überschneidungen auch mit den Territorien der Bistümer Görlitz und Magdeburg. Ist das denn kompliziert? Also gibt es da Koordinationsschwierigkeiten oder ist das eher eine formelle Sache, dass Sie für die drei Bistümer sprechen?

Pscheida-Überreiter: Es ist eine Aufgabe, dies zusammenzubinden. Das betrifft auch viele Länderbüros in Deutschland. Die unterschiedlichen Perspektiven der Bistümer müssen nicht alle gleich sein, die Territorien sind ja auch unterschiedlich groß.

Da eine gute Kommunikation und Abstimmung hinzubekommen, ist tatsächlich eine herausfordernde Aufgabe, aber eine, die sich über den Weg der guten Kontaktpflege meistern lässt. Dazu gehört für mich, dass man nicht nur aufeinander zugeht, wenn man etwas braucht, sondern dass man insgesamt im Gespräch ist und zum Beispiel auch aus Dresden heraus ein bisschen am Puls der Zeit ist und weiß, was gerade das Bistum Magdeburg und das Bistum Görlitz bewegt.

Das ist zumindest ein Anspruch an meine Aufgabe. Ich hoffe, dass es mir immer gut gelingt, da im Kommunikationsfluss zu sein. Das gilt im Übrigen auch für den Kontakt mit den Kolleginnen und Kollegen in den anderen Länderbüros. Auch da braucht es einen guten Austausch, um insgesamt die Lage in Deutschland gut einschätzen zu können.

DOMRADIO.DE: Welche Schwerpunkte möchten Sie in Ihrer neuen Aufgabe setzen?

Pscheida-Überreiter: Wie jetzt bereits schon angeklungen ist, zunächst einmal bei der Pflege und dem Auf- und Ausbau eines tragfähigen Netzwerks in Richtung der Akteure der sächsischen Politik, aber auch in Richtung anderer gesellschaftlicher und kirchlicher Akteure.

Beziehungen knüpfen, kennenlernen, zuhören und dann auch unterstützen und immer wieder vermitteln, sind die Ziele. Mein Wunsch ist es, dass das Katholische Büro Sachsen als kompetenter Ansprechpartner wahrgenommen wird, mit dem man rechnen kann und den es anzusprechen lohnt.

Aus meiner Sicht ist die Schnittstelle "Katholisches Büro" auch ein wichtiger Ort, wo wir als Kirche unter Beweis stellen können, dass wir als Christen mit unserer Botschaft ganz in diese Welt, in die Gesellschaft gehören und an dieser teilhaben und sie zum Wohl der Menschen mitgestalten wollen.

DOMRADIO.DE: Die kirchlichen Stellen sind sich nicht ganz einig, wie man mit der AfD umgehen sollte. Sie sitzen an der Stelle des Dialogs zur Politik. Wie wollen Sie mit dem Thema in Sachsen umgehen?

Pscheida-Überreiter: Ignorieren ist keine gute, erste Vorgehensweise. Es sollte immer eine Wahrnehmung für das geben, was dort passiert und auch ein genaues Hinschauen und Hinhören, um welche Anliegen es da geht. 

Ich in meiner Person als Christin, aber auch wir als christliche Kirchen stehen für eine Haltung, die der Haltung der AfD in vielen Punkten gänzlich diametral entgegensteht.

Auf den ersten Blick mag es vielleicht irgendwo Überschneidungen geben. Aber da müssen wir auch ganz klar die Grenzen ziehen und sagen: Nein, das ist eine gänzlich andere Grundüberzeugung. Das ist auch ein Punkt, den das Katholische Büro dazulegen muss.

Dialog muss geführt werden, wo er notwendig ist. Aber es muss auch ganz klar die eigene Position dagegengestellt werden. Wir müssen sagen, dass wir eine andere Sicht auf die Welt und den Menschen haben und eine andere Sicht darauf, wie wir uns in Sachsen die Zukunft vorstellen.

DOMRADIO.DE: Sie sind mit Ihrer neuen Aufgabe nun im protokollarischen Rang einer Ministerin in Sachsen. Können Sie erklären, was das bedeutet?

Pscheida-Überreiter: Das bedeutet erst mal, dass es eine bestimmte Gesprächsebene gibt. Das Katholische Büro hat die Möglichkeit, auf der Ebene der Ministerinnen und Minister zu kommunizieren. Da geht es um die Frage, wo die Interessen der katholischen Kirche, genauso natürlich der evangelischen Kirche und der jüdischen Gemeinde, angesiedelt werden. Es wird ihnen also eine gewisse Wichtigkeit beigemessen.

Es darf ministerialer Ebene Kontakt gesucht werden kann, wenn es um Anliegen der Kirche geht oder wenn es darum geht, etwas einzubringen.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

Bistum Dresden-Meißen

Blick auf die Hofkirche in Dresden / © Anton Kudelin (shutterstock)
Blick auf die Hofkirche in Dresden / © Anton Kudelin ( shutterstock )

Das alte Bistum Meißen wurde 968 gegründet und ging im Zuge der Reformation unter. 1921 erhob Papst Benedikt XV. die damalige Apostolische Präfektur Meißen zum neuen Bistum Meißen mit Bischofssitz in Bautzen. 1979 wurde der Name des Bistums in Dresden-Meißen geändert, der damalige Bischof Gerhard Schaffran verlegte den Bischofssitz nach Dresden. Gegenwärtig gehören dem Bistum rund 140.000 Katholiken an, etwa drei Prozent der Bevölkerung. Nur die Siedlungsgebieten der sorbischsprachigen Minderheit in der Oberlausitz sind katholisch dominiert. (kna/20.06.2021)

Quelle:
DR