Liturgiestreit in Indien steht wohl vor der Beilegung

Kompromisse können zu Frieden führen

Sie haben lange und hart gekämpft, weiter ihre traditionellen Messen feiern zu dürfen. Der Streit um die Liturgieform hätte fast zur Spaltung der syro-malabarischen Kirche geführt, die mit dem Papst in Rom verbunden ist.

Goldene Kelche bei einem Gottesdienst / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Goldene Kelche bei einem Gottesdienst / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Ein jahrelanger Liturgiestreit in der mit Rom verbundenen syro-malabarischen Kirche könnte nun womöglich nach Zugeständnissen beider Seiten beendet werden. "Vorbehaltlich der Zustimmung des Vatikans ist der Konflikt beigelegt", sagte ein namentlich nicht genannter Bischof dem asiatischen Nachrichtenportal Ucanews (Donnerstag). Eine offizielle Bekanntmachung werde in einem oder zwei Tagen erfolgen.

Indische Christen beten in einer Kirche / © Channi Anand (dpa)
Indische Christen beten in einer Kirche / © Channi Anand ( dpa )

Der Kompromiss besagt, dass Priester in der Erzdiözese Ernakulam-Angamaly weiter wie traditionell die Messe feiern dürfen, so der Geistliche, der anonym bleiben wolle. "Sie müssen aber in ihren Pfarreien sonntags eine einheitliche Messe feiern, wie sie von der Synode genehmigt wurde."

Papst sprach Machtwort

Der jahrelange Streit, der bis in den Vatikan und zum Papst getragen wurde, drehte sich zuletzt um einen Kompromissbeschluss der Synode von 2021. Demnach müssen die Zelebranten beim eucharistischen Hochgebet zum Altar blicken.

Als einziges der 35 syro-malabarischen Bistümer lehnten die Priester und Laien des Erzbistums Ernakulam-Angamaly dies ab. Sie fordern die Beibehaltung der Zelebration zum Volk und verweisen dabei auch auf die Praxis der modernen römischen Liturgie, die heute fast ausschließlich der Gemeinde zugewandt gefeiert wird. Eine Reihe von Ansätzen zur Lösung des Konflikts und eine direkte Intervention von Papst Franziskus durch eine Videoansprache blieben ergebnislos.

Hirtenbrief verbrannt

Noch am Wochenende kam es in Ernakulam-Angamaly zu Protesten gegen die in einem Hirtenbrief von Großerzbischof Raphael Thattil und Bischof Bosco Puthur verbreiteten Anordnung zur Einführung der einheitlichen Liturgie ab 4. Juli. Sie drohten bei Widerspruch sogar mit Exkommunikation, also dem Ausschluss aus der Kirchengemeinschaft. Gläubige zerrissen und verbrannten Berichten zufolge den Hirtenbrief.

Syro-malabarische St. Joseph Kirche in Kerala, Indien / © PREJU SURESH (shutterstock)
Syro-malabarische St. Joseph Kirche in Kerala, Indien / © PREJU SURESH ( shutterstock )

Die syro-malabarische Kirche im Südwesten Indiens ist die größte der heutigen Kirchen der sogenannten Thomas-Christen, die im 1. Jahrhundert durch den Apostel Thomas gegründet worden sein sollen. Sie feiert ihre Liturgie im ostsyrischen Ritus. Insgesamt stellen die Katholiken mit etwa 18 Millionen unter den rund 1,4 Milliarden Indern eine kleine, aber sehr sichtbare Minderheit dar. Ihr Oberhaupt ist seit Januar Großerzbischof Raphael Thattil (68).

Hintergrund: Schisma

Ein Schisma bezeichnet im römisch-katholischen Kirchenrecht die Aufkündigung der Kirchengemeinschaft mit dem Papst oder einem Ortsbischof durch einen Einzelnen oder eine Gruppe. Übersetzt bedeutet der aus dem Griechischen stammende Begriff "Spaltung". Im Unterschied zu anderen Vergehen gegen "Glaube und Einheit der Kirche" wie Irrlehre, Irrglaube und Glaubensabfall steht beim Schisma der rechtliche Aspekt im Vordergrund. Ein Schismatiker zieht sich durch seine unerlaubte Tat die Exkommunikation zu, den Ausschluss aus der aktiven kirchlichen Gemeinschaft.

Ein weißer Pileolus / © Stefano dal Pozzolo/Agenzia Romano Siciliani (KNA)
Ein weißer Pileolus / © Stefano dal Pozzolo/Agenzia Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA