Lob für christlich-jüdische Zusammenarbeit

"Reiche Früchte"

Vertreter aus Politik und Religion haben am Wochenende die Arbeit der christlich-jüdischen Gesellschaften gewürdigt. Bischof Ulrich Neymeyr sagte, ihnen sei es zu verdanken, dass die Kirchen ihr Verhältnis zum Judentum grundsätzlich überdacht hätten.

Chanukka-Leuchter in Berlin (dpa)
Chanukka-Leuchter in Berlin / ( dpa )

Anlass war das 70-jährige Bestehen des Deutschen Koordinierungsrats der Gesellschaften für Christlich- Jüdische Zusammenarbeit (DKR), das mit mehreren Veranstaltungen am Wochenende begangen wurde. Am Samstag war Generalsekretär Rudolf W. Sirsch nach 19 Jahren in den Ruhestand verabschiedet worden. Seine Nachfolgerin ist Ilona Klemens, die erste Frau in dem Amt. Am Sonntag gingen die Feierlichkeiten mit einem prominent besetzten Festakt zu Ende, der auch im Zeichen des Anschlags von Halle stand.

Die Rede zum Festakt in Frankfurt am Main hielt Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU). Grußworte sprachen der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, und die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, sowie der Vorsitzende der Unterkommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum der Deutschen Bischofskonferenz, Ulrich Neymeyr.

Gesellschaften prägen religiöse Toleranz

Die bundesweit rund 80 Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit träten für Verständigung und gegen Antisemitismus ein, sagte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. Sie prägten in "entscheidender Weise" die religiöse Toleranz in Deutschland.

Auch wenn "wir offensichtlich nicht so weit gekommen sind in der Verteidigung unserer Werte, wie wir hofften". Die Menschen müssten darüber hinaus immer wieder an den "Wert der Verständigung" erinnert werden. "Das macht die Arbeit Ihrer Einrichtungen so wertvoll für unsere Gesellschaft."

Schuster: "Sie waren Visionäre"

Seit Jahrzehnten stünden die Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit an der Seite der Juden, betonte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster. "Hier waren die Antennen für die Lage der jüdischen Gemeinschaft schon immer besser als in anderen Teilen der Gesellschaft." Vor 70 Jahren hätten mutige und kluge Frauen und Männer das Fundament für ein "Haus des Dialogs der beiden Religionen" gelegt. "Heute muss ich sagen: Sie waren Visionäre."

Den Anschlag auf eine Synagoge in Halle vor etwa zweieinhalb Wochen sei nicht nur für die jüdische Gemeinschaft eine "tiefe Zäsur", so Schuster. Schäuble bezeichnete es als eine "Schande", dass viele Juden schon lange keine Sicherheit mehr in Deutschland spürten. "Offenkundiges Versagen" müsse nun gründlich aufgearbeitet werden.

Kurschus: "Echte Gemeinschaft im Alltag"

Die stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, würdigte die Arbeit der vielen Einzelgesellschaften in den jeweiligen Regionen: Sie lebten "echte Gemeinschaft im Alltag".

Der DKR fördere auch mit der jährlichen Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille in Wissenschaft, Kultur und Politik die Verständigung zwischen Juden und Christen. Insgesamt gingen vom Koordinierungsrat immer wieder "starke Impulse" aus.

Neymeyr: Kirchen haben neues Verhältnis zum Judentum

Der katholische Bischof Ulrich Neymeyr sagte in Richtung der Akteure des DKR: "Sie haben immer wieder die Verantwortlichen in den Kirchen ermahnt, sich mit dem antijüdischen Erbe christlicher Verkündigung auseinanderzusetzen, und Sie haben die Personen und Gruppen in den Kirchen unterstützt, die sich für ein neues Verhältnis zum Judentum eingesetzt haben."

Das Wirken der Gesellschaften innerhalb des DKR habe in den vergangenen Jahrzehnten "reiche Früchte" getragen, so der Vorsitzende der Unterkommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum der Deutschen Bischofskonferenz.

Erinnerung und Aufarbeitung dauerten an

Neymeyr warnte vor einem Schlussstrich; Erinnerung und Aufarbeitung dauerten an. Er sei dankbar, dass Papst Franziskus für 2020 die Öffnung der Vatikanischen Archive aus der Zeit von Papst Pius XII. angekündigt habe.

Erinnerung und Aufklärung seien ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen Antisemitismus und Judenhass. "Antisemitismus ist keine Meinung, deren Äußerung durch die Meinungsfreiheit geschützt ist, sondern ein Angriff auf die Würde von Menschen und damit ein Angriff auf den grundlegenden Wert unserer Demokratie. Hier sind wir gemeinsam zum Widerspruch verpflichtet."


Wolfgang Schäuble / © Filip Singer (dpa)
Wolfgang Schäuble / © Filip Singer ( dpa )

Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden / © Michael Kappeler (dpa)
Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden / © Michael Kappeler ( dpa )

Präses Annette Kurschus / © Cristian Gennari (KNA)
Präses Annette Kurschus / © Cristian Gennari ( KNA )

Eröffnung des Monats der Weltmission mit Bischof Neymeyr (Bistum Erfurt)
Eröffnung des Monats der Weltmission mit Bischof Neymeyr / ( Bistum Erfurt )
Quelle:
KNA
Mehr zum Thema