Benedikt XVI. holte weit aus und griff auf die Antrittsrede nach seiner Wahl im April 2005 zurück: Als Papst sei er in ganz besonderer Weise der Einheit verpflichtet. In dieser Absicht habe er die Exkommunikation der vier Traditionalisten-Bischöfe zurückgenommen - und erwarte von ihnen als Gegenleistung die notwendigen Schritte zur vollen kirchlichen Einheit: Treue und Anerkennung des kirchlichen Lehramts, der Autorität des Papstes «und des Zweiten Vatikanischen Konzils». Eine notwendige Klarstellung, nachdem in den vergangenen Tagen Spekulationen die Runde machten, das Konzil mit seinen Aussagen zur Religionsfreiheit und zur Aussöhnung mit dem Judentum gehöre nicht zum Pflichtenkanon der wiederaufgenommenen Bischöfe und ihrer traditionalistischen Anhänger.
Allgemeiner, aber dennoch eindringlich ging Benedikt XVI. auf den Skandal der vergangenen Tage ein: Einer der vier Ex-Exkommunizierten, der britische Bischof Richard Williamson, hatte in einem TV-Interview den Holocaust und die Existenz von Gaskammern geleugnet. Es war absehbar, dass die mediale Öffentlichkeit einen Zusammenhang mit der Rücknahme der Exkommunikation herstellen würde - was der Vatikan aber offenbar nicht genügend bedachte. Mit allem Nachdruck bekundete nun Benedikt XVI. seine «unerschütterliche Solidarität» mit den Juden. Die Schoah sei eine «ständige Mahnung gegen das Vergessen, gegen das Leugnen und gegen das Verharmlosen», so der energische Papst-Appell.
Eine solche Klarlegung von höchster Stelle war nötig. Denn nach kritischen Worten von italienischen Rabbinern stellte nun sogar das Jerusalemer Oberrabbinat den Fortgang des Dialogs in Frage.
Vatikansprecher Federico Lombardi wertete die Papstworte als Signal und als Wunsch zur Fortsetzung dieser Kontakte. Und auch der Sekretär der Vatikan-Kommission für die Beziehungen zum Judentum, Norbert Hofmann, meinte nach einem Telefon-Marathon, der Dialog mit dem Judentum stehe «nicht grundsätzlich in Frage». Vermutlich werde man die nächste Gesprächsrunde aber auf ruhigere Zeiten verschieben.
Einige Stunden vor dem Papst kam auch von Seiten der Traditionalisten das überfällige klärende Wort. Der Generalobere Bernard Fellay distanzierte sich von seinem Mitbruder Williamson, der mit seinen Äußerungen die gesamte Gemeinschaft in Verruf gebracht habe. Fellay entschuldigte sich beim Papst und allen Menschen guten Willens für die dramatischen Auswirkungen des Vorgangs und untersagte Williamson bis auf weiteres «jede öffentliche Stellungnahme zu politischen oder historischen Fragen».
Unklar ist unterdessen, ob der Vatikan bereits jetzt die Möglichkeit zu Disziplinarmaßnahmen gegen Williamson für dessen rufschädigende Aussagen hat. Die von der Exkommunikation befreiten Traditionalisten-Bischöfe gelten kirchenrechtlich noch als suspendiert, also von ihrem Amtspflichten entbunden. Doch demnächst sollen sie den Weihbischofs-Rang mit einem Titelsitz erhalten, hieß es. Dann unterstünden sie voll der vatikanischen Jurisdiktion.
Unterdessen bleibt die Frage offen, ob es tatsächlich zur vollen kirchlichen Einheit mit den fast 500 Priestern und rund 600.000 Anhängern der Traditionalisten kommt. Denn nach der Klarstellung des Papstes gibt es keinen Spielraum mehr in der Frage, ob und wie weit das Zweite Vatikanische Konzil auch für diese Gruppe Gültigkeit hat.
Mahnung an Traditionalisten und Zusicherung an Judentum
Der Papst greift ein
Nun versucht auch der Papst die Turbulenzen zu glätten, die sein Gnadenakt für die Traditionalisten international ausgelöst hat. Sichtlich bewegt nutzte Benedikt XVI. seine Generalaudienz am Mittwoch für drei "Mitteilungen". Nach einem Glückwunsch für den neuen Moskauer Patriarchen Kyrill erläuterte er seine Erwartungen an die Priesterbruderschaft der Lefebvrianer. Und er wies schließlich jeden Verdacht zurück, die Kirche leugne den Holocaust oder rücke von ihrem Kurs der jüdisch-christlichen Aussöhnung ab.
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