In einer ersten Reaktion im Paderborner Dom sagte Bentz, er komme mit innerer Freiheit und Offenheit nach Westfalen. Er habe wahrgenommen, wie intensiv sich das Erzbistum in seinem Zukunftsbild mit einer Perspektive für die Jahre 2030+ auseinandergesetzt habe.
"Darüber will ich viel hören und lernen." Er wolle die Erzdiözese aber auch mit ihrer dunklen Seite annehmen. "Sonst können wir keinen gemeinsamen geistlichen Weg in die Zukunft finden." Er fühle sich mit dem Papst eng verbunden in der gemeinsamen Verantwortung, eine lernende Kirche zu sein. Dieser Weg zu einer Synodalität ermögliche es, dass das Evangelium im Heute seine Kraft entfalten kann.
Mit Bentz, der bisher auch Generalvikar in Mainz war und kirchenpolitisch als eher liberal gilt, bekommt das für die katholische Kirche wichtige Erzbistum Paderborn nach gut einem Jahr wieder einen Erzbischof. Seine Einführung soll am 10. März 2024 im Paderborner Dom stattfinden.
Die Personalie war mit Spannung erwartet worden. Das Erzbistum umfasst rund 1,4 Millionen Gläubige und ist eins von bundesweit nur sieben Erzbistümern. Der Erzbischof von Paderborn gilt damit als eine der zentralen Führungspositionen in der katholischen Kirche in Deutschland ein.
Bentz folgt auf Becker
Der langjährige vorherige Erzbischof, Hans-Josef Becker, war im Oktober vergangenen Jahres aus Altersgründen ausgeschieden. Becker hatte sich in kirchenpolitischen Fragen nach außen hin eher zurückgehalten. Im Inneren galt er aber als feste Stütze des synodalen Weges hin zu Reformen - etwa bei der Position der Frauen und der kirchlichen Sexualmoral.
Der Paderborner Diözesanadministrator Michael Bredeck, der das Erzbistum in der Übergangszeit geleitet hatte, galt als eher liberal. Er hatte sich im Erzbistum hohe Anerkennung erworben. Mit Spannung wird nun verfolgt, ob der neue Erzbischof für eine Fortsetzung dieses vorsichtigen Reformkurses steht.
Geheimer Wahlvorgang
Spekulationen über mögliche Kandidaten waren im Vorfeld kaum nach außen gedrungen. Das Wahlverfahren ist streng geheim. Ein Gremium mit 28 Mitgliedern hatte dazu eine geheime Vorschlagsliste in Richtung Rom geschickt. Weitere Personalvorschläge konnten einige deutsche Bischöfe und Erzbischöfe laut dem sogenannten Preußenkonkordat an den Vatikan übermitteln.
Geografisch erstreckt sich das Erzbistum Paderborn in Nordrhein-Westfalen von Minden im Norden bis nach Siegen im Süden und von Herne im Westen bis nach Höxter im Osten. Zusätzlich zu den Gebieten in Westfalen zählen Teile des Kreises Waldeck-Frankenberg (Hessen) und die Stadt Bad Pyrmont (Niedersachsen) zum Erzbistum Paderborn.
Auch der heutige Erzbischof von München und Freising und langjährige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, stammt aus dem im Erzbistum Paderborn: Er war hier einst Weihbischof.
Von Mainz nach Paderborn
Geboren 3. März 1967 in der kleinen pfälzischen Gemeinde Rülzheim im Landkreis Germersheim, absolvierte Bentz nach dem Abitur eine Lehre zum Bankkaufmann, bevor er ab 1988 Philosophie und Theologie in Mainz und Innsbruck studierte. 1994 empfing er die Diakon- und 1995 die Priesterweihe.
Dann folgte eine prägende Station: Bentz wurde 1998 Sekretär des langjährigen Mainzer Bischofs Karl Lehmann, der 2018 starb. Bentz war damit in kirchenpolitisch wichtigen Zeiten Vertrauter Lehmanns, der von 1987 bis 2008 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und 2001 von Papst Johannes Paul II. zum Kardinal ernannt wurde.
Ab 2007 leitete Bentz das Mainzer Priesterseminar, bevor er im September 2015 Weihbischof wurde. Zwei Jahre später übertrug ihm der neue Mainzer Bischof Peter Kohlgraf unmittelbar nach seiner eigenen Amtseinführung eine zusätzliche Aufgabe: Im August 2017 ernannte er ihn zum Generalvikar und damit zum Verwaltungschef des Bistums.
Bentz zeigte sich - wie Kohlgraf - offen für Strukturveränderungen, auch in der Kirchenleitung. Im April 2022 trat im Bistum Mainz die Theologin Stephanie Rieth als "Bevollmächtigte des Generalvikars" ein neuartiges Amt an. Rieth kann den Generalvikar nicht nur grundsätzlich in allen Belangen nach außen und innen vertreten, sondern nimmt eigenverantwortlich auch Aufgaben des Generalvikars an dessen Stelle wahr.
Bentz erklärte dazu, es gehe "nicht nur darum, im Rahmen des Kirchenrechts Leitungsstrukturen zu verändern". Es brauche auch einen Kulturwandel bei der Frage von Leitungsvollmacht, damit die Kirche ihre Aufgabe glaubwürdiger erfüllen könne. Damit liegt er ziemlich auf der Linie von Papst Franziskus.
Auch sonst scheint ihn manches mit dem Kirchenoberhaupt zu verbinden. Bei seiner Vorstellung bekannte er, Ignatius von Loyola, der Gründer des Jesuitenordens, sei seine geistliche Heimat. Eine wesentliche Frage der Kirche in der Gegenwart sei für ihn Ignatius' Leitfrage: "Was muss ich lassen, um je mehr und je besser dem Herrn, dem Evangelium zu dienen?". An der Wirklichkeit vorbei, inklusive ihren Schattenseiten, könne man nicht geistlich leben.
Aufarbeitung in Mainz
Nach der Vorstellung der Missbrauchsstudie für das Bistum Mainz, die er maßgeblich mit angestoßen hatte, distanzierte sich Bentz im März 2023 von Lehmann, der ihn noch zum Bischof geweiht hatte. Bentz sagte damals, das Lesen der Studie habe ihn aufgewühlt. Vieles sei schwer erträglich, etwa "der Graben zwischen öffentlicher Rede und internem Handeln". Viele hätten ihm gesagt, das Bild von Lehmann sei zerbrochen. "Mir ergeht es ähnlich", so Bentz.
Das Erzbistum Paderborn schreibt zur Ernennung:
"Mit großer Freude begrüßen wir Dr. Bentz, der nach der Ernennung durch Papst Franziskus das Amt des 67. Bischofs und fünften Erzbischofs von Paderborn im Frühjahr 2024 übernehmen wird. 434 Tage hat das Erzbistum Paderborn auf einen neuen Erzbischof gewartet. Dr. Udo Markus Bentz, zuletzt Weihbischof und Generalvikar im Bistum Mainz, wurde am 9. Dezember im Paderborner Dom als neuer Erzbischof vorgestellt. Die feierliche Amtseinführung findet am Sonntag, 10. März 2024, statt."
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, äußerte sich in einem Statement:
"Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing, gratuliert dem künftigen Paderborner Erzbischof und wünscht ihm "für die neue Verantwortung viel Kraft, mutige Visionen und Gottes reichen Segen". In einem Glückwunschbrief würdigt Bischof Bätzing das bisherige Wirken von Weihbischof Bentz: "Deine langjährige Erfahrung als Regens und als Generalvikar im Bistum Mainz und Dein Wirken als Weihbischof seit mehr als acht Jahren sind beste Voraussetzungen für die Übernahme eines solch großen und historisch bedeutsamen Erzbistums wie Paderborn."
Er sei sich sicher, dass Weihbischof Bentz sich schnell in der neuen Umgebung wohlfühlen werde aufgrund der Vielfalt des kirchlichen Lebens: "Tradition und Innovation gehören dort zusammen, Volksfrömmigkeit und Synodalität schließen einander nicht aus, Kultur – allein wenn ich an das beeindruckende Diözesanmuseum denke – und Kirmes gehören in Paderborn zusammen. Das Libori-Fest wird Dich dabei sicherlich in besonderer Weise begleiten. Vor allem freue ich mich für die Gläubigen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Erzbistum Paderborn, dass sie einen Bischof bekommen, der das Ohr am Puls der Zeit ebenso hat wie bei den Sorgen und Hoffnungen der Menschen", so Bischof Bätzing."
Auch von politischer Seite kamen Gratulationen, so vom hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU) an Bentz. Zum Erzbistum Paderborn gehört auf hessischem Boden das ehemalige Land Waldeck - also der nördliche Teil des heutigen Landkreises Waldeck-Frankenberg.
"Freund des Heiligen Landes"
Seit vielen Jahren engagiert sich Udo Bentz auch für die Anliegen der Christen im Nahen Osten. So nimmt er unter anderem am jährlichen internationalen Bischofstreffen im Heiligen Land teil.
Der Abt der Jerusalemer Benediktinerabtei "Dormitio", Nikodemus Schnabel, begrüßte die Wahl von Bentz auf "X".
Über seine letzte Reise in den Nahen Osten sprach Bentz im Frühjahr mit DOMRADIO.DE im Interview: "Wir erleben natürlich auch hier, wie in der gesamten Region, dass Christen in einer extremen Minderheit sind." Bentz hat auch im Jahr 2018 den Gaza-Streifen besucht und im Interview davon berichtet.