DOMRADIO.DE: Der katholische Hilfsdienst hat sich zu einer der größten karitativen Organisationen in Deutschland entwickelt. Wenn ich Sie jetzt frage, was macht ein Malteser eigentlich so, dann wird’s schwierig für Sie, oder?
Douglas Graf von Saurma-Jeltsch (Präsident von Malteser International Europa): Ich denke, so schwierig ist es nicht, denn seit 900 Jahren machen die Malteser im Grunde das gleiche. Sie helfen anderen Menschen. 1953 war ja die Gründung des Malteser Hilfsdienstes, aber den Malteser Orden und die Malteser gibt es seit über 900 Jahren. Angefangen hat alles mit der Krankenpflege, Erste Hilfe, mit Schwesternhilfe-Ausbildung.
Und heute sind wir in einem ganz breiten Tätigkeitsfeld unterwegs – von Krankenhäusern über Altenpflege, Katastrophenschutz, ehrenamtliche Dienste, Migrationsdienste, Schulen und natürlich auch die internationale Nothilfe bei großen Krisen. Alles das macht ein Malteser.
DOMRADIO.DE: Wo sehen Sie die Hauptaufgabe für Ihre 40.000 Hauptamtlichen und rund 55.000 Ehrenamtler?
Saurma-Jeltsch: Wenn wir hier auf Deutschland schauen, ist sicher Einsamkeit ein Thema. Viele Menschen sind aufgrund der veränderten Familienstrukturen wirklich alleine zu Hause und brauchen Betreuung. Und das ist das, was wir machen.
Wir gehen zu den Menschen nach Hause, helfen ihnen bei den alltäglichen Aufgaben wie Rechnungen bezahlen aber auch so einfache Dinge wie den Fernseher einstellen und versuchen, mit ihnen an einem kulturellen Leben teilzunehmen.
Wir kommen manchmal sogar mit einem Hund, weil das den Menschen wieder hilft, sich ein bisschen zu öffnen. Also, es gibt gerade ganz viele Tätigkeitsbereiche rund um das Thema Einsamkeit bei uns.
DOMRADIO.DE: Da will ich noch mal nachhaken. Stichwort Einsamkeit. Sie sagen auch, da muss insgesamt noch mehr getan werden. Was stellen Sie sich da vor?
Saurma-Jeltsch: Wir sind zusammen mit der Bundesregierung und auch anderen Organisationen im sogenannten Kompetenznetz Einsamkeit. Das heißt, wir versuchen ganz gezielt hier neue Dienste aufzubauen, unter anderem auch zum Teil digitale Dienste. Wie können wir Menschen zu Hause erreichen, um sie eben im normalen Leben teilhaben zu lassen? Letztlich muss da noch mehr passieren als das im Moment der Fall ist.
DOMRADIO.DE: Wir sehen die Malteser auch ganz häufig im Fernsehen, wenn sie in Katastrophengebieten im Einsatz sind - sei es etwa bei der Flutkatastrophe im Ahrtal oder beim Erdbeben in der Türkei. Aber auch da stoßen Sie an Ihre Grenzen. Was stellen Sie fest bei dieser Arbeit?
Saurma-Jeltsch: Sie haben es gerade genannt. In der Corona-Pandemie oder auch bei der Fluthilfe haben wir festgestellt, dass viele Menschen bereit sind zu helfen, aber vorher noch in keiner Weise mit uns als Hilfsorganisation in Kontakt gekommen sind.
Und einfach so einen spontanen Helfer aufzunehmen und in ein Krisengebiet zu schicken, das geht eben nicht.
Daher wollen wir ein breit angelegtes Ausbildungsprogramm aufstellen, dass Menschen sich über vier Jahre lang von uns schulen lassen, qualifizieren und dann eben auch gezielt in diesen Bereichen eingesetzt werden können. Also technisch geschult, medizinisch geschult oder pflegerisch geschult.
Wir haben ein Programm zusammengestellt - und das auch dem Bundesinnenministerium und der Innenministerkonferenz vorgestellt - und hier würden wir uns große Unterstützung wünschen, damit mehr Menschen schneller ans Helfen kommen können.
DOMRADIO.DE: Sie sind auf Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler angewiesen, sonst läuft es einfach nicht. Und es dürften gerne mehr sein. Auch bei Ihnen. Machen Sie sich Sorgen um Ihre Arbeit und Ihre Leistungsfähigkeit?
Saurma-Jeltsch: Ja, vor dem Hintergrund, den wir gerade gesprochen haben. Wir würden uns wünschen, dass das Ehrenamt auch stärker gesetzlich verankert wird. Das heißt, eine sogenannte Gleichstellung unserer ehrenamtlich Helfenden mit zum Beispiel der Freiwilligen Feuerwehr oder des Technischen Hilfswerks. Dennoch müsste die Freistellung der Ehrenamtlichen von der Arbeit in diesem Fall gesetzlich verankert werden, und dem Arbeitgeber müssen die Lohnkosten ersetzt werden.
Das sind so Themen, da müsste eigentlich mehr in Deutschland passieren. Und auch in der Kommunikation, um dabei zu helfen, Ehrenamtliche zu gewinnen, sie zu schulen, insgesamt besser zu betreuen. Stichwort Ehrenamt-Management. Es reicht ja nicht, dass die Leute zu uns kommen. Wir müssen auch professionell bereit sein, diese Menschen aufzunehmen und zu schulen.
DOMRADIO.DE: Schauen wir noch auf das nächste Wochenende. Sie feiern den 70. Geburtstag in Köln. Was ist geplant?
Saurma-Jeltsch: Ja, das ist wirklich spannend. Malteser aus ganz unterschiedlichen Bereichen und aus Deutschland, aber auch aus der Welt, kommen zu uns. Wir machen verschiedene Workshops und zum Abschluss ist ein großes Highlight tatsächlich die Heilige Messe im Kölner Dom am kommenden Samstag um 16:30 Uhr. Die ist nicht nur für Malteser, sondern da ist jeder eingeladen, mit uns zu feiern. Und wir würden uns freuen, wenn insbesondere viele Kölnerinnen und Kölner daran teilnehmen würden.
Das Interview führte Carsten Döpp.