Mehrheit der Ukrainer gibt Kirche Mitschuld an Krieg

"Zu russischen Aggressionen beigetragen"

Zwei Drittel der Menschen in der Ukraine machen die dortige orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats für Russlands Angriffskrieg gegen das Land mitverantwortlich. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie einer Stiftung in Kiew.

Zerstörte Kirche in der Ukraine / © Drop of Light (shutterstock)
Zerstörte Kirche in der Ukraine / © Drop of Light ( shutterstock )

Wie die Ilko-Kutscheriw-Stiftung für demokratische Initiativen am Montag in Kiew mitteilte, sind 66 Prozent der Befragten der Meinung, die Aktivitäten der Kirche hätten zur "russischen Aggression" beigetragen.

16 Prozent widersprachen demnach. Die restlichen 18 Prozent antworteten, dass sei schwer zu sagen. Neben der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK), die sich bis Mitte 2022 zum Moskauer Patriarchat bekannte, gibt es seit 2018 die Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU).

Das Kiewer Rasumkow-Zentrum befragte für die Stiftung Ende März 2.017 Erwachsene in fast allen Landesteilen, die unter Kontrolle der ukrainischen Regierung sind. Kritiker werfen der UOK vor, für das Konzept der "russischen Welt" geworben zu haben.

Dieser von Kreml-Chef Wladimir Putin und vom russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. genutzte Begriff mischt geopolitische Ansprüche Moskaus mit einem erzkonservativen kulturellen und orthodox-religiösen Selbstverständnis. Der Ukraine wird so die Eigenständigkeit und das Recht auf Selbstbestimmung abgesprochen.

Höhlenkloster in Kiew / © Lipatova Maryna (shutterstock)
Höhlenkloster in Kiew / © Lipatova Maryna ( shutterstock )

Verbot der UOK im Gespräch

Die Ukrainische Orthodoxe Kirche UOK hatte den russischen Überfall vom Februar 2022 scharf verurteilt und sich vor knapp einem Jahr vom Moskauer Patriarchat losgesagt.

Trotzdem berät das ukrainische Parlament aktuell über ein Verbot der Kirche. Die Regierung kündigte im März den Nutzungsvertrag mit der Kirche für ihr Hauptheiligtum, das berühmte Kiewer Höhlenkloster. Der Streit wird seither vor Gericht ausgetragen.

Die meisten Ukrainerinnen und Ukrainer bekennen sich zur konkurrierenden Orthodoxen Kirche der Ukraine OKU, 2018 aus dem Zusammenschluss zweier Kirchen entstanden, die sich bereits vor mehr als 30 Jahren vom Moskauer Patriarchat getrennt hatten.

Menschen im Westen der Ukraine besonders kritisch

Besonders weit verbreitet sind die Vorwürfe gegen die UOK im Westen der Ukraine. Dort sagten 85 Prozent der Befragten, diese Kirche habe zur russischen Aggression beigetragen. Ukrainische Gerichte verurteilten zudem bereits mehrere UOK-Geistliche, weil sie unter anderem Standorte der ukrainischen Armee an russische Agenten verraten hätten.

Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte äußerte sich bereits besorgt über das Vorgehen der ukrainischen Behörden gegen die UOK. Das OHCHR schrieb Ende März in einem Bericht zur Menschenrechtslage in der Ukraine, "dass die gegen die UOK gerichteten offiziellen Maßnahmen diskriminierend sein könnten".

Orthodoxe Kirche

Als orthodoxe Kirche wird die aus dem byzantinischen (Oströmischen) Reich hervorgegangene Kirchenfamilie bezeichnet. Sie besteht je nach Standpunkt aus 14 beziehungsweise 15 selbstständigen ("autokephalen") Landeskirchen. "Orthodox" ist griechisch und bedeutet "rechtgläubig". Trotz großer nationaler Unterschiede und innerer Konflikte versteht sich die Orthodoxie in Bekenntnis und Liturgie als eine einzige Kirche. Ehrenoberhaupt ist der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I. (84).

Christlich-orthodoxes Holzkreuz und Kirche in der Nähe von Kharkiv in der Ukraine / © aquatarkus (shutterstock)
Christlich-orthodoxes Holzkreuz und Kirche in der Nähe von Kharkiv in der Ukraine / © aquatarkus ( shutterstock )

 

Quelle:
KNA