Dies erklärte Marx am Samstag in München. Gewinnmaximierung als einziges Ziel reiche nicht mehr aus. Notwendig sei eine stärkere Übereinkunft darüber, was unter Fortschritt zu verstehen sein.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz äußerte sich bei einem internationalen Kongress zu "Integraler Ökologie im digitalen Zeitalter". Veranstalter waren die Päpstliche Stiftung "Centesimus Annus pro Pontifice", die Hochschule für Philosophie und das Netzwerk "European Liberal Education Alliance" verschiedener jesuitischer und staatlicher Hochschulen.
"Politisch, gesellschaftlich, wirtschaftlich"
Die Systemdebatte ist nach den Worten von Marx noch nicht abgeschlossen. Auch in Deutschland spüre er "eine Unruhe - politisch, gesellschaftlich, wirtschaftlich". Selbst 30 Jahre nach dem Mauerfall habe es keine Entwicklung hin zur Stabilität gegeben. "Am liebsten würde ich die Worte Kapitalismus und Sozialismus hinter mir lassen, sie sind aus der Zeit gefallen", sagte der Kardinal. Wichtig seien Demokratie, aber auch effiziente Märkte, wenn diese, wie von der katholischen Soziallehre gefordert, einer "menschendienlichen Ordnung" unterlägen.
Gerade die Wissenschaft sei aufgerufen, die Systemdebatte neu zu führen und nach einem theoretischen Rahmen für eine globale soziale Marktwirtschaft zu suchen, forderte Marx. Das christliche Menschenbild könne dabei als Wertehorizont dienen. Parallel müssten drängende ökologische Fragen in Angriff genommen werden. Auch die Vermögensungleichheit durch die Erträge aus großem Kapital und aus der Arbeit werde zu Spannungen führen, mahnte der Kardinal: "Dass jeder von seiner Arbeit leben kann und es auch für eine Alterssicherung reicht, ist ein Fundament der Freiheit, ein Pfeiler der Demokratie."
Zudem warnte Marx davor, diejenigen, die keine Arbeit hätten, "mit einem bedingungslosen Grundeinkommen und der Unterhaltungsindustrie ruhigzustellen". Auch dürfe der Strukturwandel, unter anderem durch die Digitalisierung vorangetrieben, nicht auf den Einzelnen abgewälzt werden. Hier müsse die Idee des Sozialstaates gleichfalls erlebbar werden.