Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) begrüßt die angekündigte Auslieferung des früheren sudanesischen Präsidenten Omar Al-Bashirs an den Internationalen Strafgerichtshof (ICC). Seine Überstellung sei ein "wichtiger Meilenstein im weltweiten Kampf gegen Straflosigkeit", teilte die Organisation in Göttingen mit. Die Gesellschaft kritisierte, dass Al-Bashir bislang von der Justiz im Sudan ausschließlich wegen Korruption und dem gewaltsamen Tod einiger Demonstranten belangt worden war.
"Der Mann ist ein Massenmörder, der Millionen Menschenleben auf dem Gewissen hat und zahllose Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verantworten hat", erklärte GfbV-Direktor Ulrich Delius. Eine mögliche Verurteilung al-Bashirs vor dem UN-Gericht in Den Haag könne Millionen Opfern von Gewalt, Krieg und Flucht Gerechtigkeit geben.
Zerreißprobe für den Sudan
Dennoch sei die geplante Überstellung al-Bashirs eine "Zerreißprobe" für den Sudan und werde den Druck auf die demokratischen Kräfte im Land verstärken, so Delius. Das Schicksal des ehemaligen Präsidenten sei im Sudan umstritten. Während Teile der Zivilgesellschaft nach Angaben der GfbV eine Auslieferungen fordern, lehnt unter anderem die Armee dies ab.
Sudans Regierung hat sich nach eigenen Angaben mit Rebellen auf eine Auslieferung des gestürzten Präsidenten Omar Al-Baschir an den Internationalen Strafgerichtshof geeinigt. Man werde diejenigen, die vom ICC angeklagt wurden, ausliefern, sagte ein Sprecher der Regierung Sudans am 11. Februar 2020. Weitere Details nannte er nicht. Eine Sprecherin vom ICC konnte die geplante Auslieferung noch nicht bestätigen.
Haftbefehle gegen Al-Baschir
Der ICC erließ 2009 und 2010 Haftbefehle gegen al-Baschir. Das Gericht wirft ihm Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und Kriegsverbrechen in dem 2003 ausgebrochenen Darfur-Konflikt vor. Damals gingen Regierungstruppen und die verbündete Miliz Dschandschawid brutal gegen Volksgruppen in der westlichen Provinz vor. Schätzungen zufolge kamen rund 300 000 Menschen ums Leben. Neben Al-Baschir sucht das Gericht weitere Sudanesen per Haftbefehl.
Vertreter der Regierung Sudans und Rebellengruppen aus Darfur treffen sich derzeit für Friedensgespräche in Juba, der Hauptstadt des Nachbarlandes Südsudan. Man könnte Gerechtigkeit nur erreichen, wenn die Wunden heilten, sagte Mohammed Hassan al-Taischi, ein Mitglied des Souveränen Rats, des Gremiums, das zusammen mit einem Kabinett übergangsweise Sudan regiert. Diejenigen, gegen die der ICC Haftbefehle erlassen habe, sollten vor Gericht erscheinen, sagte er. Seit dem Sturz Al-Baschirs im April 2019 führt die Regierung Gespräche mit etlichen Rebellengruppen.
Al-Bashir soll Massenmorde in der Unruheprovinz Darfur angeordnet haben, bei denen mindestens 300.000 Menschen ums Leben kamen. Im April vergangenen Jahres war er abgesetzt worden.