Menschenrechtsbeauftragte fordert Abschiebestopp nach Afghanistan

"Sicherheitslage ist nirgendwo gut"

​Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, fordert einen Stopp der Abschiebungen nach Afghanistan. "Nicht die Lage in Afghanistan hat sich verändert, sondern die innenpolitische Diskussion", betonte Kolfer.

Abgeschobene Flüchtlinge in Afghanistan (Symbolbild) / © Mohammad Jawad (dpa)
Abgeschobene Flüchtlinge in Afghanistan (Symbolbild) / © Mohammad Jawad ( dpa )

Dies dürfe aber nicht kurzfristig auf dem Rücken der betroffenen Menschen ausgetragen werden, sagte die SPD-Politikerin der "Passauer Neuen Presse". Vor diesem Hintergrund müssten alle Abschiebungen nach Afghanistan sofort gestoppt werden.

"Die Sicherheitslage in Afghanistan mag von Region zu Region unterschiedlich sein, gut ist sie aber nirgendwo", sagte Kofler. Zugleich betonte die Menschenrechtsbeauftragte: "Angesichts der Dauer des Konflikts haben viele Menschen aus Afghanistan ihren Platz in unserer Gesellschaft gefunden." Sie könnten nicht verstehen, "dass sie plötzlich aus ihrem Lebensumfeld gerissen werden". Aus Koflers Sicht sind "neue Ansätze in der Integrationspolitik gefordert".

Caritas und Diakonie gegen Abschiebungen nach Afghanistan

Die Bundesregierung hatte Ende vergangenen Jahres damit begonnen, abgehnte Asylsuchende nach Afghanistan zurückzuschicken. Die Abschiebungen dorthin sind sehr umstritten, weil sich in weiten Teilen des Landes Regierungstruppen und radikalislamische Taliban bekämpfen. Immer wieder gibt es Anschläge mit vielen Toten.

Bundesweit hatte es deshalb Großdemonstrationen von Flüchtlingsiniativen gegeben. Auch Caritas und Diakonie setzen sich für einen Abschiebestopp nach Afghanistan ein. Die Caritas meldete gehäuft Anfragen von Flüchtlingen in ihren Beratungsstellen, die durch die Sammelabschiebungen verunsichert seien. 

Bericht:  Nächste Sammelabschiebung am Mittwoch

Nach einem Bericht der "Rheinischen Post" (Samstag) ist "in Kürze" eine erneute Sammelabschiebung nach Afghanistan vom Flughafen München geplant, nach Informationen des Bayerischen Flüchtlingsrats am kommenden Mittwoch. Die Zeitung berichtete unter Berufung auf Kreise des NRW-Innenministeriums, dass keine abgelehnten afghanischen Asylbewerber aus Nordrhein-Westfalen dabei sein würden. Ein Ministeriumssprecher wollte das auf Nachfrage nicht bestätigen, sagte aber, an der Abschiebepraxis von NRW nach Afghanistan habe sich nichts geändert.

NRW schiebe nur Straftäter, Gefährder und alleinreisende junge Männer nach Afghanistan ab, die noch keine Integrationsleistung erbracht hätten, sagte der Sprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd). Sollten für die nächste Sammelabschiebung keine abgelehnten Asylbewerber aus NRW angemeldet werden, liege das daran, dass es dann keine Personen gebe, die diese restriktiven Kriterien erfüllten. "Wir erwarten aber, dass in Zukunft weiter Menschen aus NRW für Abschiebungen nach Afghanistan gemeldet werden", sagte der Sprecher.

Abschiebestopp aus Schleswig-Holstein

Zu den ersten beiden Sammelabschiebungen hatte Innenminister Ralf Jäger (SPD) abgelehnte afghanische Asylbewerber angemeldet. Der grüne Koalitionspartner hatte darauf mit Kritik reagiert. Am Dienstag hatte Schleswig-Holstein einen zunächst auf drei Monate befristeten Abschiebestopp nach Afghanistan angeordnet.


Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )
Quelle:
dpa , KNA , epd