In Meschede ist ein Kreuz zum Reformationsgedenken entstanden

Metapher aus Metall

Ein vergoldeter und rostiger Stahlbalken: Das "Christuskreuz 2017" soll Katholiken und Protestanten zur Reflexion über den gemeinsamen Glauben anregen. Im Buß- und Versöhnungsgottesdienst an diesem Samstag in Hildesheim hat es eine besondere Rolle.

Autor/in:
Christoph Koitka
Metallgestalter Christoph Falke vergoldet das Kunstwerk "Christuskreuz 2017" / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Metallgestalter Christoph Falke vergoldet das Kunstwerk "Christuskreuz 2017" / © Elisabeth Schomaker ( KNA )

Blatt für Blatt trägt Christoph Falke das Gold auf den Untergrund auf. Dabei geht der Metallbauer-Meister vorsichtig zu Werke, mit einem Pinsel. Das Innere des rostigen Stahlbalkens soll vollständig in warmem Glanz erstrahlen. Gold in einem rostigen Balken? Das klingt zunächst nach einer ziemlich abwegigen Idee.

Dahinter steckt aber ein ausgefeilter Gedanke: Die Stahlbalken sind Teil einer Installation zum Reformationsgedenken. Das "Christuskreuz 2017" soll bei einem ökumenischen Buß- und Versöhnungsgottesdienst zum Einsatz kommen.

Geistiger Vater des Kunstwerks ist der Benediktiner-Mönch Abraham Fischer. "Als der Auftrag kam, hatte ich direkt diese Form vor Augen", sagt der 50-Jährige. Sein Entwurf ist ein sogenanntes griechisches Kreuz mit geraden, rechtwinkligen Balken. Normalerweise sind Kreuze flach und zweidimensional angelegt: Von der Mitte aus gehen vier Balken nach rechts, links, oben und unten. Beim "Christuskreuz 2017" verleihen zwei zusätzliche Balken dem Kreuz Räumlichkeit und Symmetrie von allen Seiten. "Eine klassische Kristallgitterstruktur", erläutert Pater Abraham. Je ein Balken auf der Vorder- und Rückseite läuft direkt auf den Betrachter zu. Durch den Hohlraum entstehen neue Sichtachsen, die traditionelle Kreuze nicht bieten.

Kunst mag der gelernte Metallbauer seine Kreation nicht nennen. "Ich bin eher Gestalter als Künstler. Bei Kunst steht das Werk für sich; ich interpretiere und erkläre meine Arbeit selbst", erläutert Pater Abraham. Zuerst steht bei ihm immer das Objekt. Das spirituelle Gewand für seine Arbeiten entwickelt der Mönch erst hinterher. Dabei hilft sein Theologiestudium, das er bereits vor seinem Meister im Metallbau abgeschlossen hat.

Metapher aus Metall

Gefertigt wird das "Christuskreuz 2017" in den Werkstätten der Benediktiner-Abtei Königsmünster in Meschede. Neben Christoph Falke hat Pater Abraham dort noch weitere Mitarbeiter. Der Benediktiner ist aber der einzige Mönch in der Klosterschmiede. Einen wichtigen Beitrag zu seinem jüngsten Werk hat auch das nasskalte Winterwetter im Sauerland geleistet: Etwa zwei Monate lang waren die Kreuzbalken der Witterung ausgesetzt. Der zuvor silbrig glänzende Stahl hat eine orangerote Patina angenommen. "Wir haben Corten-Stahl verwendet", erklärt Pater Abraham. Dieser kupferlegierte Stahl rostet dekorativ, allerdings korrodiert nur die äußere Schicht. Das Innere bleibt stabil.

Trotz äußerer Einflüsse und dem Zahn der Zeit soll auch der christliche Glaube weiterhin strahlen - daher das Gold im Inneren der rostigen Balken. Auch die Form selbst ist bereits eine Metapher aus Metall. "Das Kreuz ist stabiler, wenn es auf der Seite liegt, wie eine Straßensperre. Wenn man es aufrichtet, muss es gestützt werden", sagt Pater Abraham. Ökumene ist Arbeit, macht aber Wege frei, so liest der Benediktiner das Kreuz.

Sein aktuelles Projekt soll im laufenden Reformationsjahr auf der ganz großen Bühne zum Einsatz kommen: Am Samstag (11. März) wollen die katholische Deutsche Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche in Deutschland in der Hildesheimer Michaeliskirche einen gemeinsamen Buß- und Versöhnungsgottesdienst begehen. Der Festakt unter dem Motto "Heilung der Erinnerung" wird live in der ARD übertragen, der Bundespräsident ist geladen. Das "Christuskreuz 2017" soll im Altarraum von zwölf Gottesdienstteilnehmern aufgerichtet werden.

Die Generalprobe ist geglückt: Auf dem Hof der Klosterschmiede wurde die Metamorphose von der rostigen Sperre zum Kreuz bereits vollzogen. Der Zeremonie fehlte allerdings noch etwas Glanz: Mit der Vergoldung wurde erst nach dem Testlauf begonnen. Bis zum 11. März soll das rostige Gebilde von innen strahlen - ein aufwendiger Prozess. "Ein wichtiger Faktor der Arbeit ist die Zeit", weiß Pater Abraham. Dem würden die Kirchen in ihrem langen Annäherungsprozess nach der Reformation wohl zustimmen.


Quelle:
KNA