Militärdekan Folz über die Herausforderung der Militärseelsorge

"Soldaten und Pfarrer passen zusammen"

Es ist ein runder Geburtstag: Die katholische Militärseelsorge der Bundeswehr wird an diesem Montag 60 Jahre alt. Militärdekan Dr. Jochen Folz erklärt im Interview, wie sich die Anforderungen für Soldaten und Seelsorger entwickelt haben.

Taufe auf dem Mittelmeer (Bundeswehr)

domradio.de: Auf den ersten Blick passt es für manch einen vielleicht gar nicht zusammen: Stehen Pfarrer und Soldat nicht eigentlich für ganz unterschiedliche Dinge?

Dr. Jochen Folz (Militärdekan): Zunächst einmal ist die Militärseelsorge eine ganz normale Art für die Kirche, Menschen zu begegnen. So stehen eigentlich der Pfarrer und der Soldat für ein gemeinsames Ziel: Den Glauben in dieser Welt zu leben. Selbst das Zweite Vatikanische Konzil sieht den Soldaten als einen Diener der Sicherheit und der Freiheit. Die Militärseelsorgerinnen und -seelsorger kümmern sich tatsächlich um die Menschen im Militär, damit sie ihren Auftrag besser ausführen können.

domradio.de: Seit 2009 sind Sie nun Militärpfarrer. Mit welchen besonderen Herausforderungen sind Sie da konfrontiert worden?

Folz: Jeder Militärgeistliche trifft natürlich auf eine ganz andere Struktur, als er es in einer Pfarrei gewohnt ist. Ich persönlich bin an der Bundeswehr-Universität. Ich würde sagen, hier lebe ich fast schon in einer gewissen Weise in der Zukunft. Hier studiert ja der zukünftige Führungsnachwuchs. Die Bundeswehr als solche ist ein Spiegel der Gesellschaft. Wir merken zunehmend, dass die jungen Menschen, die hier hinkommen nicht mehr kirchlich sozialisiert sind - oder nur zu einem geringen Teil. Da ist es schon eine Herausforderung, auf diese Menschen zuzugehen und sie zu integrieren - zunächst in die verschiedenen Aktivitäten, die die Militärseelsorge anbietet und dann natürlich auch im persönlichen Kontakt, dass sie wissen, dass wir da sind und wofür wir auch da sind.

domradio.de: Sie haben bei Ihrer Tätigkeit als Militärseelsorger viele Länder bereist. Erst im Sommer haben Sie auf einem Flüchtlingsboot im Mittelmeer ein Kind getauft. Gibt es da besondere Eindrücke, die Ihnen besonders hängen geblieben sind?

Folz: Auf jeden Fall trifft man immer wieder auf verschiedene Menschen. Ich war viel im Ausland unterwegs und da hatte ich immer wieder die Gelegenheit, Land und Leute kennenzulernen. Zum Beispiel bin ich in Afghanistan mit den Geistlichen der Blauen Moschee zusammengetroffen. Später konnten wir sie dann auch in Deutschland zu einer Bildungsreise begrüßen. Erst neulich war ich auf einem Marineschiff vor der lybischen Küste - auch hier bin ich unmittelbar mit den Flüchtlingen konfrontiert worden. Das sind Eindrücke, die bleiben und diesen Dienst so besonders machen.

domradio.de: Sie haben die Flüchtlinge angesprochen. In jüngster Zeit ist das Militär wieder stark gefordert. Hat sich nochmal etwas durch die Arbeit mit Flüchtlingen verändert?

Folz: Natürlich wird die Bundeswehr sehr stark gefordert - auch im Sinne der humanitären Hilfeleistung. Sie sind dort auf den Marineschiffen an der vordersten Front und helfen diesen Menschen aus der Not heraus. Das ist natürlich etwas, was die Soldaten auch prägt. Und sie stellen sich die Frage, wie geht unser Land mit diesen Herausforderungen um.

domradio.de: Aber wie sieht es eigentlich mit dem Nachwuchs beim Militär aus: Gibt es noch genug Menschen, die zur Bundeswehr möchten? 

Folz: Die Wehrpflicht war eine gute Möglichkeit, Nachwuchs zu bekommen. Das ist mittlerweile ja nicht mehr so. Viele verschiedene Programme sollen nun versuchen, die jungen Leute dort abzuholen, wo sie sind, und ihnen den Beruf des Soldaten schmackhaft machen.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Quelle:
DR