Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat sich für eine "Leitkultur der Vielfalt" in Deutschland ausgesprochen. "Ich finde eine gemeinsame Leitkultur wichtig, aber sie muss anerkennen, dass wir mehrere Religionen im Land haben und dass hier auch Menschen ohne Religion leben", sagte Laschet dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Düsseldorf. "Die Leitkultur, die wir haben, ist eine Leitkultur der Vielfalt."
Deshalb sei die von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) neu entfachte Diskussion über die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehört, ziemlich theoretisch, sagte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende. "Denn Muslime leben hier und sie sind damit Teil des Landes." Das heiße aber nicht, dass sie tausend Jahre Kultur in Deutschland geprägt hätten: "Das war das Christentum."
Keine Kreuz-Pflicht für NRW
Auf Distanz ging Laschet zur Kreuz-Pflicht in bayerischen Behörden. "Die Neutralität des Staates ist ein hohes Gut, das man bei einer solchen Entscheidung abwägen muss", sagte er. "Wenn man dieses Thema angeht, sollte man das im engen Dialog mit den Kirchen tun." Vertreter der großen Kirchen hatten sich kritisch zu den bayerischen Plänen geäußert und vor einer politischen Instrumentalisierung des Kreuzes gewarnt. Im Eingangsbereich aller bayerischen Dienstgebäude soll ab 1. Juni ein Kreuz hängen, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach von einem Symbol bayerischer Identität und Lebensart.
In Nordrhein-Westfalen bestehe "diesbezüglich kein Handlungsbedarf", betonte Laschet. Religion finde aber in NRW im öffentlichen Raum statt, und es sei gut, "wenn das sichtbar und maßvoll geschieht", sagte der Ministerpräsident. "In zahlreichen Klassenräumen und Gerichten hängt ein Kreuz, und ich finde es richtig, dass ein religiöses Symbol dort seinen Raum hat."
Erstaunlicherweise hätten ihm viele Muslime gesagt, dass sie mit einem Kreuz im Gerichtssaal gar kein Problem hätten, erklärte der 57-jährige CDU-Politiker. In Düsseldorf hätten sich muslimische Verbände sogar dafür eingesetzt, dass ein Kreuz wieder aufgehängt wird, das bei einem Umbau entfernt worden war. "Es handelt sich um ein traditionelles religiöses Symbol, das auch deutlich macht: Alles, was wir entscheiden, ist vorläufig und wir glauben, dass es eine höhere Instanz gibt", sagte Laschet.