Mit Blick auf die Parteinahme des russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. für Russlands Präsidenten Wladimir Putin sagte der griechisch-orthodoxe Erzpriester Radu Constantin Miron katholische.de (Samstag): "Die Front verläuft mitten durch unsere Kirche, das muss man so sagen."
Er sei im Westen Deutschlands geboren und aufgewachsen, "und wir hatten immer die Schwierigkeit, dass ein Teil unserer Kirche in der Unfreiheit lebt und sich entsprechend nicht äußern konnte oder sich anders äußern musste, als man es erwartet". Er habe gedacht, diese Zeit sei vorbei. "Ich erlebe es jetzt sehr schmerzhaft, dass das nicht so ist", sagte Miron.
Krise in der Orthodoxie
"Viele meiner orthodoxen Mitchristinnen und Mitchristen leben hinter dem neuen Eisernen Vorhang der Informationsunfreiheit und konsumieren die Nachrichten so, wie sie serviert werden, und das ist schon sehr schwierig nachzuvollziehen." Solche Spannungen in der orthodoxen Kirche seien keine neue Entwicklung, "aber sie ist sicherlich unerwartet in ihrer Schärfe und ihrer immer offensichtlicher werdenden religiösen Pointierung", betonte Miron.
Schon seit einigen Jahren gebe es eine Krise in der Orthodoxie. "Sie hat mit der offensichtlich politisch motivierten Absage der russisch-orthodoxen Kirche und anderer Kirchen begonnen, am Großen und Heiligen Konzil von Kreta 2016 teilzunehmen", erklärte Miron. Dass eine politische Einflussnahme auf die Kirche insbesondere in Russland stattgefunden habe, könne man nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine durchaus sagen. "Ich glaube aber auch, dass die Orthodoxie mehr ist als das Fehlverhalten oder der Sonderweg einzelner Personen", so der Erzpriester.
Die ACK-Mitgliederversammlung habe den Krieg verurteilt. Zugleich sei aber auch deutlich gesagt worden, "dass wir die Türen zu unseren russisch-orthodoxen Geschwistern nicht zuschlagen", betonte Miron. Trotz aller Herausforderungen werde die "christliche und die ökumenische Solidarität" aktuell neu entdeckt. "Als Kirchen sind wir in diesem Konflikt besonders gefragt - das betrifft auch die römisch-katholische Kirche, die nicht Mitglied im Ökumenischen Rat der Kirchen ist, sich aber natürlich auch friedensethisch und diplomatisch bemüht. Das ist eine ökumenische Herausforderung."