Die Bundesregierung solle sich, so der Appell von Misereor, international entschlossener dafür einzusetzen, dass die Verantwortlichen vor dem Internationalen Strafgerichtshof angeklagt werden. "Ohne Hilfe der internationalen Gemeinschaft können sich die Einwohnerinnen und Einwohner Haitis nicht mehr aus ihrer aussichtslosen Lage befreien", mahnte die Haiti-Länderreferentin bei Misereor, Barbara Albrecht, am Mittwoch.
Die für die maßlose Gewalt Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, um einen demokratischen Rechtsstaat zu möglich zu machen. Schon seit Jahren terrorisieren Banden Teile des krisengeschüttelten Karibikstaates, insbesondere in der Hauptstadt Port-au-Prince.
Ermordungen und Brandstiftungen
Misereor zitiert eine Vertreterin der Lobbyplattform Coordination Europe Haiti mit den Worten: "Die Lage in Haiti verschlechtert sich zunehmend. In der vergangenen Woche wurden in Carrefour Feuilles, dem Südostsektor von Port-au-Prince, mehr als 15 Menschen ermordet; über 10.000 Menschen wurden vertrieben, mehrere Häuser niedergebrannt."
Gleichzeitig gingen die Tötungen durch bewaffnete Gruppen in der Region Artibonite weiter. Die dortigen Bauern könnten ihr Land nicht mehr bewirtschaften. Das gleiche Szenario herrsche in der nördlichen Zone der Hauptstadt.
Menschen flüchten vor der Gewalt
Nach Worten Albrechts lässt Haitis kommissarischer Präsident Ariel Henry, der seit der Ermordung von Vorgänger Jovenel Moise 2021 im Amt ist, die Banden tatenlos gewähren. Die Täter wie die Bandenführer seien allgemein bekannt und träten öffentlich in Medien auf, ohne haftbar gemacht zu werden. Gleichzeitig geschehe nichts, um die Bevölkerung vor den Kriminellen zu schützen.
Zahlen der Vereinten Nationen zufolge sind allein in der vergangenen Woche mehr als 5.000 Menschen vor Gewaltaktionen in Port-au-Prince geflüchtet. Seit Jahresbeginn wurden demnach insgesamt 130.000 Personen aus der Hauptstadt vertrieben und mehr als 2.400 Menschen in diesem Zeitraum durch Bandenmitglieder getötet.