Symbolisch errichteten sie eine Klagemauer in der Bischofskirche; auf den Altarstufen brannte für jedes der im Bistum Hildesheim bekannten 150 Opfer eine Kerze. Bischof Heiner Wilmer nahm in Zivilkleidung an der Feier teil und sprach ein Grußwort. Nach Angaben der Organisatoren kamen gut 100 Menschen in den Dom, darunter Betroffene und Mitarbeiter des Bistums.
"Für viele von uns ist Kirche in erster Linie Täterorganisation", sagte Norbert Thewes, Mitglied im Betroffenenrat der norddeutschen Bistümer, in seiner Ansprache. Die finanzielle Anerkennung des Leids sei von den deutschen Bischöfen derzeit "intransparent, nicht nachvollziehbar, nicht einklagbar" geregelt. Er sprach von "jämmerlich geringen Summen gegenüber dem erfahrenen und erlittenen Leid, das das ganze Leben bis ins hohe Alter beeinträchtigt".
"Vier Wochen geübt"
Thewes forderte das Bistum Hildesheim auf, einen Hilfsfonds für bedürftige Betroffene zu schaffen und die Konsequenzen aus einer im vergangenen Jahr vorgestellten Aufarbeitungsstudie "noch konkreter" umzusetzen. Zugleich betonte er, dass es gute Gespräche zwischen dem Betroffenenrat und der Stabsstelle Prävention und Intervention des Bistums gebe: "Auf Augenhöhe. Mit Respekt. Mit Wertschätzung."
Thewes erklärte: "Ich stehe heute hier stellvertretend auch für die Opfer und Überlebenden, die nicht oder noch nicht über die an ihnen begangenen Verbrechen sprechen können." Er selbst könne seit zwei Jahren nicht mehr in eine Kirche gehen. "Dass ich hier stehe, habe ich seit vier Wochen geübt."
Bischof Wilmer sagte in seiner Begrüßung: "Ich bin heute hier, um zuzuhören, um mich dem Thema der sexualisierten Gewalt in unserer Kirche zu stellen, um eine winzige Ahnung zu haben von den Abgründen der Kirche und von den vielen tiefen Verletzungen."
Aus Gründen ferngeblieben
Die Feier wurde von Mitgliedern des Betroffenenrats gemeinsam mit dem Bistum Hildesheim organisiert. Anlass war der "Europäische Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch" am 18. November. Er geht auf eine Initiative des Europarats zurück. Eine ähnliche Feier hatte vergangenen Freitag in Köln stattgefunden.
Der Gründer der Betroffeneninitiative im Bistum Hildesheim, Jens Windel, nahm laut einem Medienbericht nicht an der Gedenkfeier teil und kritisierte die Veranstaltung. "Man kann doch nicht im Dom ein gemütliches Beisammensein zelebrieren, wenn es viele Betroffene auch nach vielen Jahren gar nicht schaffen, wegen der psychischen Belastung überhaupt eine Kirche zu betreten", sagte er der "Hildesheimer Allgemeinen Zeitung" für ihre Ausgabe vom Donnerstag.