Missbrauchsbetroffene pilgern per Fahrrad zum Papst nach Rom

Michael Pendrys Kunstwerk "Heart" als Botschaft im Gepäck

Rund 15 Missbrauchsbetroffene sowie ihre Begleiter machen sich ab Samstag mit dem Fahrrad von München auf zu einer Pilgerfahrt nach Rom. Eine Herzensangelegenheit – mit einem besonderen Geschenk für den Papst.

Autor/in:
Barbara Just
Fahrradfahrer vor dem Petersdom / © Marcos Jimenez Hueso (shutterstock)
Fahrradfahrer vor dem Petersdom / © Marcos Jimenez Hueso ( shutterstock )

Am Samstag bei der "Langen Nacht der Musik" ist es soweit. Nach einigen Jahren wird dann Michael Pendrys Kunstwerk "Heart" wieder in München präsentiert. In der Herz-Jesu-Kirche können Besucher die Installation in einer Kombination mit Licht, Musik und Wasser halbstündlich pulsieren, pochen und bluten sehen. Sechs auf sechs Meter misst die aus Metallstäben von dem 1974 geborenen Künstler geschaffene Arbeit. Eine kleinere Version ist dann bereits unterwegs nach Rom. Das gerade 20 mal 20 Zentimeter große Kunstwerk, befestigt auf einem Granitsockel, soll Papst Franziskus bei einer Audienz am 17. Mai überreicht werden. 

"Wir brechen auf! Kirche, bist du dabei?"

Zusammen mit einem Brief gehört das kostbare Stück zum Gepäck einer Gruppe von rund 15 Missbrauchsbetroffenen und ihren Begleitern. Unter dem Motto "Wir brechen auf! Kirche, bist du dabei?" wollen sie am Samstagvormittag vom Münchner Marienplatz zu einer Radpilgerreise in die Ewige Stadt aufbrechen. Organisatoren sind Dietmar Achleitner, Richard Kick und Kilian Semel vom Betroffenenbeirat der Erzdiözese München und Freising sowie Robert Köhler von der Initiative "Wir-wissen-Bescheid.de" des Vereins "Ettaler Misshandlungs- und Missbrauchsopfer". 

Zur Verabschiedung an der Mariensäule haben sich Generalvikar Christoph Klingan und die Amtschefin des Erzbischöflichen Ordinariats, Stephanie Herrmann, angekündigt. Auch Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) will dabei sein. Gestartet wird um zehn Uhr. Wer möchte, kann den Tross auch auf Teilstücken begleiten, etwa bis nach Schäftlarn.

720 Kilometer bis zum Papst 

In zehn Tagen wollen die Rad-Pilger die 720 Kilometer und gut 4.500 Höhenmeter schaffen. Doch es geht nicht nur darum, die Streckekonditionsmäßig zu bewältigen. Unterwegs sind immer wieder geistliche Impulse vorgesehen. Zudem will man sich mit sexualisierter Gewalt auseinandersetzen. Ziel sei es nämlich, Veränderungen im Umgang mit Betroffenen sowie in der Aufarbeitung anzustoßen. Beim Stopp in Bozen am 8. Mai steht ein Austausch mit Vertretern der Diözese Bozen und Brixen auf dem Programm. Dessen Bischof Ivo Muser und der Münchner Kardinal Reinhard Marx haben bereits zugesagt.

Herzensangelegenheit

Für Kick, den Sprecher des Münchner Betroffenenbeirats, ist die Aktion eine Herzensangelegenheit. Um sich auf einen solch langen Weg zu begeben und um sich in Sachen Missbrauchsaufklärung zu engagieren, "da gehört Herzblut dazu". Von Anfang an seien sich alle einig gewesen, dass sie Franziskus nicht nur einen Brief mit ihren Anliegen überreichen könnten, sagt Kick. "Wir müssen ein Symbol mitbringen." Andrea Elisabeth Lutz vom Kunstmanagement der Münchner Erzdiözese brachte sie daraufhin mit Pendry zusammen. 

Der Multimedia-Künstler ist bekannt für seine Installationen im öffentlichen Raum. Seine aus Papier gefalteten Tauben-Schwärme "Les Colombes" waren in München wie auch in Kirchen Jerusalems, New Yorks oder San Franciscos zu sehen. Die Manufaktur Nymphenburg ließ sich von seinen Origami-Vögeln begeistern und bietet sie seit kurzem aus Porzellan an. Er arbeite gern mit verständlichen Bildern, sagt Pendry. Das Herz sei ein "starkes Symbol". Da brauche es nicht viel Erklärung dazu. 

Wer heilt unsere Herzen?

Dass seine Arbeit bald dem Papst überreicht werden wird? "Ist verrückt, aber für mich als Künstler spannend", kommentiert Pendry. Dabei hat er eigentlich ein gespaltenes Verhältnis zu Institutionen aller Art. Sein Herz, so sagt er, stehe für Empathie, Emotionen, Miteinander und Verständnis – Dinge, die in vielen Bereichen verloren gegangen seien, aber in dieser Zeit so wichtig wären. Kick erzählt, wie gut das Werk angekommen sei. Ein Betroffener habe gemeint, es schaue aus wie sein eigenes: zerrissen, zerstört, kantig, eckig, gebrochen und durchsichtig.

"Wir wollen dazu beitragen, dass die Opfer von Missbrauch wahrgenommen werden, ob in der Kirche oder anderswo in der Gesellschaft", sagt Kick. Was er Papst Franziskus sagen will, hat er sich schon überlegt. Wenn er ihm das Kunstwerk überreicht, werde eine Frage sein: "Wer heilt unsere Herzen?"

Quelle:
KNA