domradio.de: Schätzungen zufolge stecken weltweit 2,4 Tonnen Gold in ausgedienten Mobiltelefonen. Das ist eine Menge…
Jörg Nowak (missio, Initiator der Aktion "Gold-Handys"): Das muss man sich mal bildlich vor Augen halten. Weltweit verstauben in Schubladen alte Handys. Wahre Goldgruben.
domradio.de: Mit denen man etwas tun könnte und kann?!
Nowak: Deswegen sagen wir: Diese Handys sind Gold wert. Wir haben eine Menge an Elektroschrott und wertvoller Mineralien bei uns in den Schubladen schlummern. Der Umwelt und Schöpfung zuliebe sollten wir die nutzen. Deswegen sammeln wir diese.
domradio.de: Was passiert dann damit?
Nowak: Wir arbeiten mit einem zertifizierten Recycling-Unternehmen zusammen. Die schauen sich diese alten Handys an. Sie legen die gleichen Modelle nebeneinander. Wenn sie zum Beispiel feststellen, bei einem Modell ist nur der Akku kaputt, beim anderen nur das Display, dann bauen sie die funktionierenden Teile zusammen. Und schon hat man wieder ein funktionstüchtiges Smartphone. Das kann wiederverwendet werden und bekommt ein zweites Leben.
domradio.de: Das geht nicht bei allen Handys…
Nowak: Das geht nicht bei allen, aber das ist die erste und beste Option. Und bei allen anderen, die überhaupt nicht mehr zu retten sind, werden die Geräte geschreddert und die alten Mineralien herausgeschmolzen – wie Gold. Da kommt eine Menge zusammen und das ist wirklich eine gute Sache.
domradio.de: Der Erlös fließt in Trauma-Zentren in der Republik Kongo, wo im Moment ein Bürgerkrieg tobt. Wie sind Sie genau auf die Aktion gekommen?
Nowak: Es ist ein tragischer Kreislauf. Die wertvollen Mineralien, die sich in unseren Smartphones befinden, die stammen aus Ländern wie der Republik Kongo, wo es sehr blutige Konflikte gibt. Unter anderem genau wegen dieser wertvollen Mineralien. Das heißt, Rebellen erobern gezielt jene Regionen, wo diese Mienen zu finden sind und überfallen die Dörfer, vergewaltigen Frauen, zwingen Zivilisten in die Gold- und Coltanmienen.
domradio.de: Da fängt also dieser Kreislauf an?
Nowak: Richtig. Und genau dagegen engagiert sich missio seit vielen Jahren. Die katholische Kirche setzt sich im Kongo für Frieden und Versöhnung ein und hat dort Trauma-Zentren aufgebaut. Da hat sich inzwischen auch einiges getan. Und wir möchten jetzt mit diesen wertvollen Mineralien helfen. Es ist sinnvoll, sie zu recyceln. Und wer von uns hat nicht ein altes Handy in irgendeiner Schublade?
domradio.de: Es machen ja schon unheimlich viele mit: In der Gesamtschule Warendorf beispielsweise wurden bereits etliche Handys gesammelt. Auch das Generalvikariat des Bistums Münster beteiligt sich an der Aktion Goldhandys. Wie reagieren die Leute darauf?
Nowak: Ich glaube, dass wir im Moment in einer Durchbruchssituation sind. Über das Thema Handyrecycling haben schon viele nachgedacht und bisher gab es da gewisse Hemmschwellen: "Mhh, da habe ich noch alte Fotos drauf, was passiert denn damit?" Vielen ist jetzt aber deutlich geworden, sie sich keine Sorgen machen müssen.
Wir haben in den letzten Wochen 450 Sammelstellen aufbauen können. Da gab es ganz viel positive Resonanz. Auch aus den Diözesen: Der münsteraner Bischof Genn unterstützt die Aktion ebenso wie Bischof Dieser im Bistum Aachen, es machen Banken mit, Stadtverwaltungen und viele mehr. Ich glaube, das ist ein Anstoß. Jeder von uns hat ein altes Handy in der Schublade und wir alle können mitmachen.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.