Als Papst Sixtus V. eine erste Ordnung für die römische Kurie erließ, kam die Mission darin nicht vor. Erst 34 Jahre später gründete Papst Gregor XV. die "Sacra Congregatio de Propaganda Fide", die Heilige Kongregation für die Glaubensverbreitung.
Mit der Bulle "Inscrutabili divinae Providentiae" (die unerforschliche göttliche Vorsehung) vom 26. Juni 1622 nahm sie vor 400 Jahren ihren Dienst auf.
In den Folgemonaten erschienen weitere Papstdekrete, die ihr umfangreiche Rechte und Vollmachten sowie großzügige Ausstattung und Mittel zuwiesen. Das Ziel: die Zuständigkeit für die Evangelisierung dem dominanten Einfluss der Kolonialherren zu entziehen und in römische, päpstliche Hand zu nehmen.
Kirchliche Missionare oder koloniale Eroberer?
Es war bereits ein Papst, der nach der Ankunft von Christoph Kolumbus in Amerika 1492 die Konfrontation zwischen den Seemächten Spanien und Portugal schlichtete und damit politische wie kirchliche Weichen stellte. Der Schiedsspruch des nicht unumstrittenen Renaissancepapstes Alexander VI. führte zwei Jahre später zum "Vertrag von Tordesillas", der die Welt entlang einer imaginären Nord-Süd-Linie im Atlantik zwischen den beiden Mächten aufteilte. Als "Gegenleistung" sollten sie die Ausbreitung des christlichen Glaubens in den neuentdeckten Gebieten fördern.
Dabei agierten die neuen Herren als koloniale Eroberer wie auch als kirchliche Missionspatrone. Sie beuteten Land, Bodenschätze und menschliche Arbeitskräfte aus - oft brutal, mit bekannten Exzessen. Aber die Könige bekamen neben Pflichten zum Kirchbau und zum Unterhalt des Klerus von Rom zunächst auch weitreichende Kirchen-Kompetenzen: Sie konnten Bischöfe in ihren Gebieten Amerikas, Afrikas und der Philippinen ernennen, Bistümer gründen, Missionare bestimmen.
Die neuen Untertanen wurden mit Nachdruck zur Annahme des christlichen Glaubens angehalten. Und die mitgeführten Missionare - Franziskaner, Dominikaner, dann auch Jesuiten - erfüllten als Kinder ihrer Zeit die Vorgaben. Die Folge war oft eine übereilte Taufpraxis mit vielen Neuchristen, aber wenig Glaubenstiefe.
Die Päpste versuchten gegenzusteuern, zunächst ohne durchschlagenden Erfolg. Eine erste "Kardinalskongregation zur Bekehrung der Ungläubigen" von 1568 war nicht von Dauer. Die 1622 errichtete neue Missionsbehörde sollte nun die Wende von der Kolonialmission zur rein kirchlichen Mission einleiten. Sie wurde zum ordentlichen und ausschließlichen Instrument für die Jurisdiktion des Papstes über alle Missionen.
Päpstliche Missionsbehörde strebte Inkulturation an
Anders als die Kolonialherren, die ein europäisches Christentum in die Missionsgebiete einpflanzen wollten, sich in Amerika etwa gegen eine "Indianerkirche" wehrten und in Indien getauften Ex-Brahmanen den Zugang zum Priesteramt verwehren wollten, strebte die Kongregation ein eher bodenständiges Christentum an.
Sie versuchte, die Missionsarbeit insgesamt neu zu orientieren. Eine "Magna Charta" der Behörde von 1659 wies alle Missionare an, den lokalen Klerus zu fördern und die Inkulturation ernstzunehmen. Sie verbot, Sitten und Gebräuche des Landes zu bekämpfen, außer denen, die Glaube und Moral widersprechen.
Die Gründung der Kongregation erfolgte zu einer Zeit, als die Reformation Europa vor neue Herausforderungen stellte. Neben den beiden katholischen Kolonialmächten hatten auch protestantische Akteure wie die Niederlande oder auch Großbritannien die Weltbühne betreten.
All das schwang bei der Ausrichtung der Kurienbehörde mit. In Rom wurden damals unter anderem Kollegien für Seminaristen aus den Missionsländern sowie Ausbildungsstätten und Sprachschulen für Missionare gegründet.
Die römischen Direktiven stießen zunächst auf Widerstand. Die Kolonialmächte wollten ihre Patronatsrechte nicht abtreten. Und auch innerhalb der Kurie fand die "Propaganda" anfangs nicht den erforderlichen Rückhalt. Selbst die Päpste stellten sich nicht immer hinter ihre Missionsbehörde.
Diese half sich zunächst auch damit, dass sie Missionen außerhalb der Patronatsgebiete eröffnete und diese an andere als die bislang engagierten Orden vergab, an Karmeliter oder Kapuziner. Zudem kam Frankreich als aufstrebende katholische Großmacht in Konkurrenz zu den beiden Seemächten ins Spiel.
Das Dikasterium heute
Seit der Gründung vor 400 Jahren haben sich Aufgaben und Zuständigkeiten des Dikasteriums für die Missionsgebiete kaum verändert. Ihr unterstehen heute mehr als 1.100 der weltweit 3.000 Diözesen, in denen sie Kirchenstrukturen errichtet und für den Papst die Bischofsernennungen vorbereitet.
Unter steigender Einbeziehung der Ortskirchen entwickelt sie Direktiven für die gesamte Pastoral, kümmert sich um die Aus- und Weiterbildung des Klerus. Sie achtet auf geeignete Missionsinstitute, die das Missionsanliegen in der Weltkirche bewusst halten und auch materiell unterstützen.
Und anders als vor 400 Jahren steht die Kompetenz der vatikanischen Evangelisierungsbehörde heute nicht infrage.