Moderatorin beschreibt Eindrücke der Synodalversammlung

"Sehr emotional und sehr angespannt"

Erstmals stimmt der Synodale Weg über Texte ab. Die Diskussionsmoderatorin und ZdK-Vize Claudia Nothelle nennt die Annahme des Orientierungstextes einen "wichtigen Schritt" in angespannter Stimmung.

Dritte Synodalversammlung in Frankfurt (SW)
Dritte Synodalversammlung in Frankfurt / ( SW )

DOMRADIO.DE: Der "Orientierungstext" des Synodalen Weges wurde als erster Beschluss angenommen: mit der nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit sowohl des Plenums als auch der Bischöfe. Ein erster wichtiger Schritt?

Claudia Nothelle (Moderatorin der Synodalversammlung und ZdK-Vizepräsidentin): Das ist ein sehr wichtiger Schritt: Er heißt Orientierungstext und daraus wird klar: Das ist der Text, der wirklich die Grundlage und die Grundausrichtung gibt. Und es gab ja doch noch mal eine sehr engagierte Debatte um die Frage: Möchte sich die Kirche dem öffnen, was in der Gesellschaft passiert, was Wissenschaft erkennt, die berühmten "Zeichen der Zeit" wirklich auch als Ort der Erkenntnis für kirchliches Handeln nehmen oder eben nicht? Und die Abstimmung zeigte am Ende: Ja, wir wollen das. Wir werden die Zeichen der Zeit mit einbeziehen, zu einem Ort der Theologie machen, zur Erkenntnis für die Theologie. Und dass wir das verabschiedet haben, ist ein ganz wichtiger Schritt für den Synodalen Weg.

Claudia Nothelle (Archiv) / © Julia Steinbrecht (KNA)
Claudia Nothelle (Archiv) / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Erstmals wird bei dieser Synodalversammlung über Beschlüsse abgestimmt. Es kann auch passieren, dass zum Beispiel der Text über Macht und Gewaltenteilung keine Mehrheit findet. Für den Fall hat das Präsidium schon überlegt, ob man die ganze Vollversammlung abbricht und neue Schritte diskutiert. Rechnen Sie mit der Option? Wie gehen Sie das an?

Nothelle: Das betrifft die zweite Lesung vom Grundtext des Forums 1: Macht- und Gewaltenteilung. Da geht es um sehr grundlegende Aussagen. Wie geht es mit Kirche weiter? Wie orientiert sie sich? Wer wird Macht verteilt und kontrolliert? Es gibt noch eine weitere zweite Lesung im Text zu den Bischofsbestellungen. Wenn dort die notwendigen Mehrheiten nicht zustande kommen und eventuell der Text komplett abgelehnt wird, dann ist das schon ein sehr grundlegender Schritt, weil dann ein klares Signal steht: Die Mehrheit der Bischöfe - oder auch die Mehrheit der Synodalversammlung - trägt das nicht mit. Und das würde tatsächlich, denke ich, bei den Synodalen zu großem Gesprächsbedarf führen. Was heißt das jetzt? Wie geht es weiter? Wie reagieren wir darauf? Was heißt das für den Synodalen Weg, wenn grundlegende Weichenstellungen nicht so möglich sind?

DOMRADIO.DE: Wir erleben im Moment in der Gesellschaft, wenn es um Kirche geht, eine aufgeheizte Stimmung. Wir erleben auch hier eine aufgeheizte Stimmung, wie auch schon bei den letzten Synodalversammlungen. Wie nehmen Sie denn im Saal im Moment das Stimmungsbild ganz persönlich wahr?

Nothelle: Sehr emotional und sehr angespannt. Alle, die hier sind, wollen etwas für diese Kirche tun, mit dieser Kirche tun oder für die Botschaft Jesu Christi tun. Und deshalb sind sie hier. Deshalb sind wir alle hier. Sonst würden wir uns das wahrscheinlich nicht antun, weil die Stimmung, so wie Sie es gerade geschildert haben, in der Gesellschaft ja so ist, dass man sich inzwischen immer erklären muss, warum man sich für diese Kirche engagiert. Und die Ereignisse der letzten Wochen, das Gutachten in München, die Aktion #outinchurch, die hohen Kirchenaustritte, die Frage: Was ist mit dem emeritierten Papst? Wie geht er mit den Missbrauchsopfern um? All das sind Themen, die ich denke, alle Anwesenden beschäftigen und belasten. Und man hat in der aktuellen Stunde zu Beginn dieser Synodalversammlung gemerkt, wie hoch belastend alles ist und wie groß auch der Druck ist, zu sagen, es muss sich etwas ändern. Kirche muss sich bewegen.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

Quelle:
DR
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