Moskauer Patriarch bemängelt "Kriegsmüdigkeit" in Russland

Russophobie und persönlicher Komfort

Kyrill I. ist ein enger Verbündeter Wladimir Putins und heizt die Kriegsstimmung gegen die Ukraine immer wieder an. Doch inzwischen bemerkt er in der russischen Bevölkerung fehlenden Elan für den "Heiligen Krieg".

Kyrill I., Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche / © Oleg Varov (dpa)
Kyrill I., Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche / © Oleg Varov ( dpa )

Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. beklagt in der russischen Bevölkerung eine "gewisse Kriegsmüdigkeit". 

Einige Menschen in Russland zögen es vor, nichts vom Krieg in der Ukraine zu bemerken, zitiert der Nachrichtendienst Östliche Kirchen den Patriarchen. Sie sähen weder den Schmerz noch das Leid ihrer "Brüder, die sich an der Front befinden oder in Regionen leben, die beschossen werden".

Viele seien nicht bereit, auf ihren persönlichen Komfort und den gewohnten Lebensstandard zu verzichten, bemängelte das Kirchenoberhaupt. Kyrill äußerte sich den Angaben zufolge vor wenigen Tagen auf einer Sitzung des Präsidiums des sogenannten Weltkonzils des Russischen Volks.

Kritik an fröhlichen TV-Sendungen

Von seiner Kritik nehme er die Freiwilligen aus, die Hilfsgüter sammelten und Soldaten und Zivilisten unterstützten, so der Geistliche. Insofern seien die Ideale der Solidarität, Barmherzigkeit und gegenseitigen Hilfe im Volk lebendig. 

Foto vom März 2024 in Charkiw: Ein Mann radelt nach einem russischen Angriff an einem Elektrizitätswerk vorbei. / © Yevhen Titov/AP (dpa)
Foto vom März 2024 in Charkiw: Ein Mann radelt nach einem russischen Angriff an einem Elektrizitätswerk vorbei. / © Yevhen Titov/AP ( dpa )

Doch die "vielen Vergnügungsveranstaltungen, fröhliche TV-Sendungen und leichtsinnige Sorglosigkeit" stünden in starkem Kontrast zu den Geschehnissen im Kriegsgebiet, wo insbesondere junge Menschen sterben würden.

Bei der Sitzung des Weltkonzil-Präsidiums lobte Kyrill auch die vorangegangene Versammlung des Konzils, bei der ein Dokument verabschiedet wurde, das Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine als "Heiligen Krieg" bezeichnet. Damals sei mutig die "Wahrheit" gesagt worden.

"Westen verbreitet Russophobie"

Bei der jüngsten Sitzung betonte Kyrill auch einmal mehr die Einheit der ostslawischen Völker - zu denen auch die Ukrainer zählten. Zudem verwies er auf "positive Veränderungen" in den Gesellschaften des Westens, wo die Menschen schrittweise erkennen würden, dass die tatsächliche Situation nicht so sei, wie sie von "westlichen, auf Russophobie ausgerichteten Medien dargestellt wird".

Mehrere Staaten haben Sanktionen gegen den Moskauer Patriarchen verhängt, weil er als wichtiger Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin den Angriffskrieg gegen die Ukraine gutheißt. EU-weite Strafmaßnahmen gegen Kyrill I. scheiterten aber am Veto Ungarns. 

Im September 2022 hatte das Kirchenoberhaupt russischen Soldaten versprochen, sie würden von ihren Sünden reingewaschen, sollten sie im Krieg fallen. Das Sterben "bei der Erfüllung der militärischen Pflichten" verglich er damals mit der Opferung Jesu durch Gott.

Moskau und der Vatikan

Die Beziehungen zwischen Moskau und dem Vatikan gelten seit jeher als schwierig. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) zeichnet wichtige Stationen nach:

988: Durch die Taufe und seine Eheschließung mit der Schwester des oströmischen Kaisers rückt Wladimir, Fürst der Kiewer Rus, in die Familie der christlichen Könige des Mittelalters auf. Er betreibt die Christianisierung vielfach brutal. In dieser Periode werden in mehreren Städten auch lateinische Kirchen errichtet; die Bischöfe sind allerdings durchweg "Griechen".

Kyrill I. und Papst Franziskus (Archiv) / © Paul Haring/CNS photo (KNA)
Kyrill I. und Papst Franziskus (Archiv) / © Paul Haring/CNS photo ( KNA )
Quelle:
KNA