"Wenn es neben den objektiv gültigen Gesetzen, der Polizei, der Strafverfolgung etwas gibt, was die Gesellschaft und jede menschliche Gemeinschaft zusammenhält, dann ist es die Barmherzigkeit", lautet es in einem Skript von Neudeck, das die in Bonn erscheinende "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" (Donnerstag) als Vorabdruck aus dem Buch "Jenseits der Ironie. Dialoge der Barmherzigkeit" veröffentlicht. Der Band soll demnach im August im Wallstein Verlag erscheinen.
Die Barmherzigkeit ist nach den Worten Neudecks "der unbedingt notwendige Kitt der Weltgesellschaft". Die Flüchtlingsaufgabe sei für die deutsche Gesellschaft "eine ganz neue und effektive Nagelprobe auf die Barmherzigkeit". Diese hänge mit dem Herzen zusammen, "weniger mit dem Kalkül, schon gar nicht mit dem Gewinn-Kalkül oder dem Karriere-Kalkül", betonte Neudeck.
Tarifordnung statt Evangelium
Er kritisierte, dass es heute "UNHCR-Beamte und Blauhelme" gebe, die sich nicht an der Geschichte des barmherzigen Samariters aus dem Lukasevangelium ausrichteten, sondern an "Sicherheitsvorstellungen und Tarifordnung und an ihrem größeren Wert".
Neudeck schrieb weiter: "Der Samariter ist nicht der Experte, und er hat nicht irgendeine Zuständigkeit. Deshalb fällt die spontane Bereitschaft zur Barmherzigkeit bei vielen aus, bei denen wir sie fast professionell (Priester!) voraussetzen würden."
domradio.de überträgt Trauerfeier mit Kardinal Woelki
Neudeck war am 31. Mai nach einer Herzoperation gestorben. Er wurde 77 Jahre alt. Der in Danzig geborene Neudeck begründete die Hilfsorganisationen Cap Anamur und Grünhelme mit.
Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki wird den Trauergottesdienst für Neudeck leiten. domradio.de überträgt live am 14. Juni ab 11 Uhr.