DOMRADIO.DE: Heißt das jetzt, die komplette Schule öffnet sich für das weibliche Geschlecht?
Elena Szuczies (Zukünftige Leiterin des Mädchenchores am Regensburger Dom): Ja, genau, das heißt es. Das Internat und auch das Gymnasium, beides wird für die Mädchen geöffnet. Es gibt also für die Mädchen jetzt die Chance, in diese erstklassige Bildung – den Chor, den Jahrgang der fünften Klasse – einzusteigen. Man startet dann mit dem Gymnasium, aber auch als Quereinsteiger geht das. Und so wird man quasi Gründungsmitglied des ersten Mädchenchores bei den Regensburger Domspatzen.
DOMRADIO.DE: Und das bedeutet dann auch, dass die hohe Stellung des Regensburger Knabenchores jetzt Konkurrenz bekommt. Wie ist das? Werden Sie eine Konkurrenz?
Szuczies: Es wird vielleicht eine gesunde Konkurrenz. Die beiden Chöre sollen als Ziel natürlich nebeneinander bestehen und sich gegenseitig beflügeln.
DOMRADIO.DE: Wie heißt der Chor dann eigentlich – Regensburger "Domspätzinnen"?
Szuczies: Das denke ich eher nicht. Es wird auf jeden Fall der Name Märchenchor drin vorkommen und sicher auch die Regensburger Domspatzen als ja bekannter Name. Wie genau der Titel ist, das wird sich noch zeigen.
DOMRADIO.DE: Gucken wir erst mal musikalisch. Wieso ist es für einen Knabenchor nicht gut, wenn da Mädchen mitsängen?
Szuczies: Es gibt verschiedene Arten von Chören und der Knabenchor hat sicherlich seinen ganz eigenen Klang, genauso wie auch der Mädchen seinen ganz eigenen Klang hat. Das kann man ja in Köln ganz wunderbar sehen. Da gibt es ja auch am Dom einen Knabenchor und einen Mädchenchor, die beide ihren stilistischen besonderen Klang haben. Daher ist jetzt auch in Regensburg die Überlegung getroffen worden und die Entscheidung gefallen, dass man den schon über 1000-jährigen traditionsreichen Knabenchor-Klang behalten möchte, aber auch sich endlich für die Mädchen öffnen und diesen die Chance geben möchte, auf dem gleichen Niveau eine musikalische Bildung zu erfahren. Das geht in guter Weise jetzt durch den neu gegründeten Mädchenchor, der seine ganz eigene Klangstilistik entwickeln wird und dann eben als zweites Ensemble, als zweites Standbein neben dem Knabenchor, bestehen wird.
DOMRADIO.DE: Die Domspatzen gestalten ja auch die Liturgie im Dom Sankt Peter. Das heißt, man wird das in Zukunft dann auch gemeinsam machen, also die Domchöre zusammen, so wie das eben zuweilen, Sie haben es gesagt, in Köln auch so ist.
Szuczies: Genau das ist so geplant, dass die Mädchen dann auch als ein Chor des Regensburger Domes regelmäßig die Liturgie mit gestalten werden.
DOMRADIO.DE: Gehen sie dann, wenn das alles mal aufgebaut ist, mit den Mädchen am Regensburger Dom auch auf Tournee?
Szuczies: Das ist natürlich das große Ziel. Der Chor wird sich ab September zusammenfinden und dann soll er so schnell es geht auch im Dom singen, Konzerte singen und sich dann natürlich auch zu einem Spitzenensemble formen, was auch auf Konzertreisen geht.
DOMRADIO.DE: Jetzt haben sich ein gutes Dutzend Menschen beworben um diesen Posten. Sie waren dann in der engeren Wahl und konnten überzeugen. Und unter den letzten drei mussten sie eine Art Prüfung machen. War das aufregend?
Szuczies: Ja, das ist natürlich immer aufregend, wenn man ein Bewerbungsverfahren hat. Ich habe dieses Bewerbungsverfahren mit den Knaben gemacht, weil ja der Mädchenchor noch nicht existiert. Und das hat mir sehr viel Freude gemacht. Die Begegnung, die Probe mit den Knaben, auch die Stimmbildung mit einem Mädchen. Und ja, insgesamt sehr aufregend, aber sehr schön. Ein schönes Verfahren und ich freue mich, dass ich jetzt diese Aufgabe antreten darf.
DOMRADIO.DE: Warum wollten Sie Leiterin des neu zu gründenden Mädchenchores am Regensburger Dom werden?
Szuczies: Ich hatte das Glück, dass ich schon eine Zeit lang als Assistentin von Oliver Sperling beim Mädchenchor im Kölner Dom arbeiten durfte und habe da kennengelernt, wie es ist, einen Mädchenchor zu leiten – was das bedeutet und wie die Arbeit ist. Das hat mich sehr erfüllt. Das ist eine ganz tolle Arbeit mit den Mädchen, die ja auch alle immer motiviert sind, zusammen schöne Musik zu machen. Die Aufgabe in Regensburg ein neues Ensemble zu leiten, das dann auch ein Mädchenchor ist, was sich in die Spitze der Chöre auch bringen wird, das ist natürlich eine ganz reizvolle Aufgabe dann gewesen für mich. Und ja, da habe ich mich dann schnell entschlossen, mich dort zu bewerben und bin jetzt sehr glücklich, dass ich die Aufgabe angehen kann.
DOMRADIO.DE: Da können Sie nicht mehr im Kölner Domchor mitsingen, oder?
Szuczies: Das stimmt. Ich singe zurzeit noch im Vokalensemble des Kölner Doms mit. Das wird dann leider nicht mehr gehen, da ich nach Regensburg ziehe. Aber man bleibt sicher gut im Kontakt.
DOMRADIO.DE: Und wo Sie Oliver Sperling, mit dem Sie auch gearbeitet haben, erwähnt haben, der den Mädchenchor am Kölner Dom leitet – wenn Sie vielleicht nicht mehr so richtig weiter wissen, können Sie ihn dann anrufen und er gibt Ihnen Tipps und Tricks?
Szuczies: Ja, auf jeden Fall. Ich habe natürlich schon mit ihm gesprochen und ich denke, dass wir in einem steten Austausch bleiben werden und bin dafür sehr dankbar.
DOMRADIO.DE: Das ist eine historische Aufgabe, die Sie da jetzt antreten und sicher werden Sie in den Geschichtsbüchern irgendwann als die erste stehen, die den Märchen am Regensburger Dom leitete. Was wünschen Sie sich? Was soll da in 50 Jahren stehen? Was wollen Sie erreichen?
Szuczies: Ich wünsche mir natürlich, dass dieses Angebot für die Mädchen ein voller Erfolg wird, dass der Mädchenchor sich etablieren kann, eben als fester Bestandteil der Regensburger Domspatzen und wir schnell die Herzen der Zuhörer erobern können.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.