Kürzlich wurde die Liberale Rabbinervereinigung in Berlin gegründet, wie der Verein am Dienstag mitteilte. Zu den Gründungsmitgliedern gehören demnach 19 Personen.
Der Verein sieht sich als Nachfolgeorganisation der Vereinigung der liberalen Rabbiner Deutschlands, die von 1899 bis 1938 bestand.
Zwei Rabbinerkonferenzen in Deutschland
In Deutschland gibt es zwei Rabbinerkonferenzen: die Orthodoxe Rabbinerkonferenz Deutschland und die Allgemeine Rabbinerkonferenz Deutschland (ARK). Die ARK vertritt Rabbinerinnen und Rabbiner der nicht-orthodoxen Strömungen.
Zur ARK gehören auch die Mitglieder des Gründungsvorstandes der neuen Vereinigung. Alexander Grodensky (Luxemburg) als Vorsitzender des neuen Vereins sowie Andreas Nachama (Berlin) und Natalia Verzhbovska (Bielefeld) jeweils als Vize. Auch Rabbiner Tom Kucera (München), der auf der Gründungsversammlung am 28. März einen geistlichen Impuls hielt, ist dort als ARK-Mitglied verzeichnet.
Die neue Liberale Rabbinervereinigung solle keine Konkurrenz zur ARK sein, sagte Nachama auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Sie verstehe sich vielmehr als eine Art Fraktion innerhalb der nicht-orthodoxen Rabbinerschaft.
Laut Mitteilung von Dienstag ist ein Ausgangspunkt für die Gründung der neuen Vereinigung, einen "kollegialen Austausch und die gemeinsame inhaltliche Arbeit der liberalen Rabbinerinnen und Rabbiner" zu vertiefen.
"Freiwilliger und freier Zusammenschluss"
"Die Rabbinervereinigung versteht sich als ein freiwilliger und freier Zusammenschluss von deutschsprachigen Rabbinerinnen und Rabbinern und als Vertreterin ihrer berufsständischen Interessen", heißt es weiter.
Sie sehe sich der World Union for Progressive Judaism und den mit dieser verbundenen Organisationen, insbesondere der Union progressiver Juden in Deutschland (UpJ) und der European Union for Progressive Judaism (EUPJ), zugehörig. Aus UpJ und EUPJ kam jeweils Unterstützung für die Neugründung.
Streit um die Neuausrichtung der liberalen und konservativen Rabbinerausbildung
Vor rund einem Monat war erneut der Streit um die Neuausrichtung der liberalen und konservativen Rabbinerausbildung in Deutschland hochgekocht, in den sich sowohl die ARK als auch Organisationen des liberalen Judentums eingeschaltet hatten.
Im Zusammenhang mit der Frage der Anerkennung von Ordinationen war auch Kritik an der ARK-Vorsitzenden Elisa Klapheck laut geworden, die darin gipfelte, dass 13 ARK-Mitglieder Klaphecks Rücktritt forderten. Zu ihnen gehörten auch die beiden Mitglieder des Gründungsvorstandes der neuen Liberalen Rabbinervereinigung, Grodensky und Verzhbovska.
Nachama zufolge ist die Liberale Rabbinervereinigung zum Beispiel der Meinung, dass das Abraham-Geiger-Kolleg als Ausbildungsstätte für liberale Rabbiner und Kantoren in Potsdam bestehen bleiben soll, ob weiterhin unter Trägerschaft der Jüdischen Gemeinde zu Berlin oder einer vom Zentralrat der Juden in Deutschland auf den Weg gebrachten Stiftung.
Entwicklung des liberalen Judentums in einem zeitgenössischen Kontext
Außerdem soll die Entwicklung des liberalen Judentums in einem zeitgenössischen Kontext gefördert werden, wie die neue Organisation am Dienstag in Berlin mitteilte.
Begrüßt wurde die neue Interessenvertretung für deutschsprachige Rabbinerinnen und Rabbiner unter anderem von der Union progressiver Juden Deutschlands K.d.ö.R. (UPJ) und der European Union for Progressive Judaism (EUPJ).
Das liberale oder progressive Judentum formierte sich als Alternative zum konservativen und orthodoxen Judentum mit seinen strengen religiösen Vorschriften im 19. Jahrhundert in Deutschland. Bedeutende Vertreter des Reformjudentums waren die Rabbiner Abraham Geiger (1810-1874), Zacharias Frankel (1801-1875) und Leo Baeck (1873-1956).