Rabbinerversammlung kritisiert Papstaussagen zu Nahost-Krieg

"Eisige Gleichmacherei"

Der Rat der italienischen Rabbinerversammlung hat Aussagen des Papstes zum Krieg im Nahen Osten kritisiert. Er würden unschuldige und schuldige Menschen auf die gleiche Stufe stellen, kritisiert die Rabbinerversammlung.

Palästinensische Gebiete, Rafah: Palästinenser inspizieren den Tatort nach einem Luftangriff / © Abed Rahim Khatib (dpa)
Palästinensische Gebiete, Rafah: Palästinenser inspizieren den Tatort nach einem Luftangriff / © Abed Rahim Khatib ( dpa )

Durch die Äußerungen würden "unschuldige Menschen, die ihrer Familien entrissen wurden, mit Menschen, die oft wegen sehr schwerer Terrorakte inhaftiert sind, auf die gleiche Stufe gestellt", erklärte der Rabbiner-Rat am Donnerstag.

Anlass der Kritik waren Äußerungen des Papstes bei der Generalaudienz am Mittwoch. Dabei nahm Franziskus auf zwei kurz zuvor stattgefundene Treffen Bezug: auf eines mit Angehörigen von Geiseln der Terrororganisation Hamas und auf eines mit Verwandten von Palästinensern in Gaza. Der Papst selbst sprach von einer Delegation Palästinenser mit in Israel inhaftierten Verwandten. 

Papst Franziskus auf dem Petersplatz im Vatikan / © Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus auf dem Petersplatz im Vatikan / © Romano Siciliani ( KNA )

Kein Bericht aus dem Vatikan

Unklar ist bislang, ob in der palästinensischen Gruppe überhaupt ein Angehöriger einer in Israel inhaftierten Person war. Bei der anschließenden Pressekonferenz der Delegation fand ein solcher Fall keine Erwähnung. Der Vatikan enthielt sich bislang einer Stellungnahme, trotz eines angekündigten Berichts zu den Treffen.

Auch weitere Aussagen des Papstes stießen auf Unverständnis. Franziskus sagte: "Sie leiden so sehr, und ich habe gehört, wie sie beide leiden. Kriege verursachen das. Aber hier sind wir über Kriege hinausgegangen; das ist keine Kriegsführung, das ist Terrorismus." Hier blieb offen, ob er beide Kriegsparteien oder eine von ihnen meinte.

Wozu der jüdische-christliche Dialog? 

Die Rabbiner gehen von der öffentlichen Beschuldigung eines Terrorismus durch beide Seiten aus und schreiben: "Diese Stellungnahmen auf höchster Ebene folgen auf problematische Erklärungen von illustren Vertretern der Kirche, in denen entweder keine Spur einer Verurteilung der Hamas-Aggression zu finden ist oder im Namen einer vermeintlichen Unparteilichkeit der Aggressor und die Angegriffenen auf eine Stufe gestellt werden."

Sie fragten sich, was der jahrzehntelange jüdisch-christliche Dialog gebracht habe, wenn man zwar von Freundschaft und Brüderlichkeit spreche, dann aber "mit diplomatischer Akrobatik, Balanceakten und eisiger Gleichmacherei" reagiere, sobald es "jene gibt, die versuchen, die Juden auszurotten". Das sei nicht fair.

Generalaudienz des Papstes

Jeden Mittwoch findet – zumeist vormittags um 10:30 Uhr – eine sogenannte Generalaudienz (Mittwochaudienz) des Papstes auf dem Petersplatz vor dem Petersdom statt. In den Wintermonaten und bei schlechtem Wetter findet sie in der Vatikanischen Audienzhalle statt. Während der Corona-Pandemie wurde sie aus der Bibliothek gestreamt.

Generalaudienz in Rom / © Alfred Diebold
Generalaudienz in Rom / © Alfred Diebold
Quelle:
KNA