Aachens neuer Dombaumeister Jan Richarz ist seit Februar im Amt. Und trotzdem hat er schon eine Vorstellung von seiner Arbeit in den nächsten fünf Jahren. Der Aachener Dom stammt im Kern aus dem Jahr 800. Da gibt es immer etwas zu tun. Der Bau wurde vor 45 Jahren als erste Kulturstätte in Deutschland ein Unesco-Welterbe.
Das Amt des Dombaumeisters wirkt wie maßgeschneidert für den freundlichen neuen Chef. Der 41-Jährige kennt Aachen aus dem Studium und der Arbeit in der Archäologie. "Man muss von allem etwas Ahnung haben", sagt er über seine Aufgaben. Dazu gehören Management, Digitalisierung, Abläufe steuern, das Schreiben von Anträgen, das Lesen alter Schriftstücke und handwerkliches Können. "Ich trau' mir mit Mörtel und Kelle schon einiges zu", sagt er.
Herzstück des Doms ist die Kapelle von Karl dem Großen
Das Herzstück des Doms ist die Kapelle von Karl dem Großen (747/748 - 814). An diesen achteckigen Zentralbau wurden später Kapellen und eine Chorhalle gebaut. Verglichen mit anderen Kirchen ist der Aachener Dom ziemlich klein. In Inneren funkeln Gold und farbige Mosaike im feierlichen Halbdunkel.
Richarz ist von Beruf Bauhistoriker. Das sei wie Kunstgeschichte, nur auf Bauten bezogen, erläutert er: Alte Gebäude interpretieren, lesen und verstehen, darum geht es. Das ist nützlich, um den Dom zu erfassen, denn die verschiedenen Bereiche entstanden zwischen 800 und dem 18. Jahrhundert. "Ich bin ein Baustellenkind", bekennt der Dombaumeister. Zwei Monate lang hat er noch parallel gearbeitet mit seinem Vorgänger Helmut Maintz, der rund 25 Jahre auf dem Posten war.
Der 41-Jährige war zwei Jahre Stadtkonservator in Ratingen und war danach kurze Zeit als Gebietsdenkmalpfleger des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) für Teile des Hochwassergebiets zuständig. Dann kam die Zusage vom Domkapitel, und der in der Nähe lebende Familienvater entschied sich für Aachen.
Im Dom wurden zwischen 931 und 1531 mehr als 30 deutsch-römische Könige gekrönt. Zu den Glanzstücken zählen der Karlsthron aus Marmor und der Barbarossa-Leuchter mit 4,20 Metern Durchmesser und einem Gewicht von 290 Kilogramm. Er wurde 1165 von Kaiser Barbarossa und seiner Gattin Beatrix gestiftet.
Eine Million Besucherinnen und Besucher
Eine Million Menschen kam 2022. Der Bau ist zuallererst eine katholische Kirche, die für jeden offen ist. Für viele Touristen ist der Besuch ein Muss. Doch die Besuche belasten die historische Substanz. Wenn viele Menschen sich darin aufhalten, springt eine Anlage an und tauscht die Luft aus. "Zu viel Kohlendioxid in der Luft führt dazu, dass der Marmor anfängt zu korrodieren", berichtet Richarz.
Eine denkmalpflegerische Bestandsaufnahme hat er sich vorgenommen. Er möchte mit Spezialisten durch den Dom gehen und Stein, Holz, Wände und Metall prüfen, um Schwachstellen und Handlungsbedarf herauszufinden. "Damit wir einen Fahrplan für die Restaurierung bekommen."
Von den mindestens 13 Dom- und Münsterbauhütten in Deutschland hat Aachen die kleinste mit nur vier Mitarbeitern. Das sind ein Steinmetz, ein Schlosser, eine Bautechnikerin und der Dombaumeister. Viele Arbeiten werden nach außen vergeben. An der Finanzierung beteiligen sich Stadt, das Land Nordrhein-Westfalen, das Bistum Aachen und Stiftungen. Besonders wichtig sei der 1847 gegründete Karls- und Dombauverein, sagt Richarz.
Heiligtumsfahrt im Juni
Demnächst muss im Heizungskeller gearbeitet werden. Dort ist die aus preußischer Zeit stammende Stahlbetondecke marode. "Das ist ein unheimlich komplexes Projekt", sagt Richarz. Er hofft, auch für diese Arbeiten einen Sponsor zu finden. Doch zuerst muss die Chorhalle von außen saniert werden. Brandmeldeanlage und Beleuchtung sollen auch bald fertig sein.
Die nächste Herausforderung für die Dombauhütte ist die Heiligtumsfahrt, eine Wallfahrt zu der im Juni etwa 100 000 Pilger erwartet werden. Und dann kommen bald Höhenkletterer in den Dom. Sie montieren die neue Beleuchtung. Wie gesagt: Arbeit gibt es genu