Neuer Provinzial der Jesuiten Zentraleuropa stellt sich vor

Zuhören und Einbringen

Der größte Männerorden der Welt ist die Gesellschaft Jesu, die auch Jesuiten genannt werden. Die Provinz Zentraleuropa hat mit Pater Thomas Hollweck einen neuen Chef. Wie blickt der bisherige Novizenmeister auf seine neue Aufgabe?

Grabkapelle der Jesuiten in Rom / © Severina Bartonitschek (KNA)
Grabkapelle der Jesuiten in Rom / © Severina Bartonitschek ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wie lief ihre Einführung ab?

P. Thomas Hollweck SJ während des 1. Provinzsymposium der zentraleuropäischen Provinz (ECE) 2022 in Vierzehnheiligen am 21. April 2022 / © SJ-Bild / Christian Ender (SJ)
P. Thomas Hollweck SJ während des 1. Provinzsymposium der zentraleuropäischen Provinz (ECE) 2022 in Vierzehnheiligen am 21. April 2022 / © SJ-Bild / Christian Ender ( SJ )

Pater Thomas Hollweck SJ (Provinzial der Zentraleuropäischen Provinz der Jesuiten): Es war ein Tag wie jeder andere. Es müssen keine formalen Dinge oder besonderen Rituale erfüllt werden. Wir haben in Sankt Michael einen Gottesdienst gefeiert.

Ich war sehr froh, dass es der Sonntag mit dem vorgezogenen Ignatiusfest war. Die Amtsübergabe wurde im Gottesdienst erwähnt. Aber so an dritter Stelle. Da fand ich das gut platziert.

DOMRADIO.DE: Wie beschreiben Sie sich selbst? Was muss man über den Jesuitenpater Thomas Hollweck wissen?

Hollweck: Ich würde mich als zurückhaltend beschreiben. Ich glaube, dass ich gut zuhören kann. Das, was in mir beim Zuhören entsteht, stelle ich zur Verfügung. So kommt dann auch Bewegung rein. Ich hoffe, dass ich beides in dieser Aufgabe des Provinzials gut verbinden kann. Also sowohl das Hören als auch mich in die Prozesse, in die Fragen und in die anstehenden Entscheidungen einzubringen. Auch wenn manche Entscheidungen nicht leicht sein werden.

DOMRADIO.DE: Die Jesuiten zählen weltweit rund 14.000 Mitglieder, aber in ihrer zentraleuropäischen Provinz sind es gerade mal 360. Woran liegt es, dass nur drei Prozent der Ordensmitglieder in Zentraleuropa leben?

Hollweck: Wir werden weniger. Es ist tatsächlich so, dass immer weniger junge Leute bei uns anklopfen und bei der Verkündigung Jesu mitmachen möchten. Wir tragen unsere Geschichte mit uns. Dort hängt das ganze Thema Missbrauch und sexualisierte Gewalt daran. Entsprechend sind wir auch mit der Schuld unterwegs.

Pater Thomas Hollweck SJ

"Es sind viele Sachen passiert, die nicht hätten passieren dürfen."

Insofern sind wir in einer Situation, in der wir nicht mit den großen Massenbewegungen rechnen können. Das betrifft sowohl Ordensberufungen als auch Priester und Gemeindereferentinnen und -referenten. Heute ist es mit dieser Geschichte auch nicht mehr so leicht, Christin oder Christ zu sein. Es sind viele Sachen passiert, die nicht hätten passieren dürfen.

Das ist eine Tatsache in Europa, in den USA bzw. Nordamerika und teilweise auch Südamerika. Es gibt nur noch wenige Gebiete, wo der Jesuitenorden wächst. Das sind einzelne Länder in Afrika und Asien. Es gibt eine Beobachtung, die sagt, dass der Jesuitenorden dort wächst, wo mehr Menschen in Not sind; wo mehr arme Menschen leben. Dort wächst der Jesuitenorden heutzutage.

DOMRADIO.DE: Sie waren Novizenmeister und haben Jugendarbeit geleistet. Bringt da ein neuer Ansatz etwas?

Pater Thomas Hollweck SJ

"Es geht jetzt nicht darum, irgendwie junge Leute zu rekrutieren, sondern ehrlich selbstlos für Menschen da zu sein."

Hollweck: Ich glaube, dass das Einzige oder das Wichtigste, was wir tun können, ist, uns selbst auf das Leben zu besinnen, für das wir angetreten sind. Dabei geht es um die Verkündigung des Evangeliums. Diese Frohe Botschaft ehrlich und konsequent und in Klarheit zu bezeugen.

Der Heilige Ignatius spricht von Puridad, also von der Reinheit. Es muss darum gehen, diese Reinheit wieder zu finden, und dass wir das absichtslos tun, ohne für uns selbst etwas zu wollen. Es geht jetzt nicht darum, irgendwie junge Leute für den Glauben zu rekrutieren, sondern ehrlich selbstlos für Menschen da zu sein. Was daraus wird, müssen wir dem lieben Gott überlassen.

DOMRADIO.DE: Ist das Ihre Einstellung für die neue Aufgabe?

Hollweck: Ich glaube schon, dass ich jeden Tag aufstehe und mich im Gebet um Gottvertrauen bemühe. Ich vertraue aber auch den Menschen, mit denen wir unterwegs sind. Das fängt im Provinzialat an und geht bis zu den Mitbrüdern an den verschiedenen Orten in verschiedenen Ländern unserer Provinz. Es betrifft alle Frauen und Männer, die mit uns unterwegs sind oder mit denen wir unterwegs sind.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

Jesuitenorden

Die Jesuiten sind die größte männliche Ordensgemeinschaft der katholischen Kirche. Gründer der "Gesellschaft Jesu", so die offizielle Bezeichnung in Anlehnung an den lateinischen Namen "Societas Jesu" (SJ), ist der Spanier Ignatius von Loyola (1491-1556).

Jesuiten sind keine Mönche; sie führen kein Klosterleben und tragen keine Ordenskleidung. Neben Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam verpflichten sie sich in einem vierten Gelübde zu besonderem Gehorsam gegenüber dem Papst. Zudem legen sie ein Zusatzversprechen ab, nicht nach kirchlichen Ämtern zu streben.

Iesum Habemus Socium ("Wir haben Jesus als Gefährten") - das Emblem der Jesuiten / © Markian Pankiv (shutterstock)
Iesum Habemus Socium ("Wir haben Jesus als Gefährten") - das Emblem der Jesuiten / © Markian Pankiv ( shutterstock )
Quelle:
DR