Neues aus Schweden zu den Pannen im Vatikan

Williamson und kein Ende

Unmittelbar vor der Aufnahme theologischer Gespräche zwischen der Piusbruderschaft und dem Vatikan sind neue Details zur "Williamson-Affäre" aufgetaucht. Wieder kommen sie vom schwedischen Fernsehsender STV - und wieder zeigen sie, wie miserabel die Kommunikation im Vatikan damals funktionierte. Von KNA-Chefredakteur Ludwig Ring-Eifel.

Richard Williamson: Umstrittener Bischof der Priesterbruderschaft St. Pius X. (KNA)
Richard Williamson: Umstrittener Bischof der Priesterbruderschaft St. Pius X. / ( KNA )

Diesmal ist es der römisch-katholische Bischof von Stockholm, Anders Arborelius, der mit Interview-Aussagen Bewegung in die Sache bringt. Arborelius bestätigte den Journalisten von STV, er habe bereits im November 2008 aus zweiter Hand erfahren, dass Williamson in einem damals noch unter Verschluss gehaltenen TV-Interview die Existenz der Gaskammern zur Vernichtung von Juden leugnete.

Dieses berühmte Williamson-Interview wurde am 21. Januar in Schweden - und dann weltweit im Internet - ausgestrahlt - just zu dem Termin, an dem der Vatikan die Begnadigung der vier Bischöfe der ultrakonservativen Piusbruderschaft bekanntgab. Diese Gleichzeitigkeit führte in der Öffentlichkeit zu dem Eindruck, der Papst habe wissentlich einen Holocaust-Leugner wieder in die Kirche aufgenommen.

Dies wurde zunächst vom vatikanischen Staatssekretariat und später vom Papst selbst dementiert. Doch der Verdacht, dass «der Vatikan» in Wahrheit um die kriminellen Reden Williamsons wusste und ihn dennoch kirchenrechtlich begnadigte, hielt sich in der öffentlichen Meinung. Im Internet-Zeitalter konnte sich kaum jemand vorstellen, dass eine weltweit operierende Macht wie die katholische Kirche, vor deren geheimdienstlichen Fähigkeiten einst sogar der Kreml Respekt hatte, einfach zu unbedarft war, allgemein zugängliche Informationen im Netz zu recherchieren.

Nun ist durch die Aussagen des Stockholmer Bischofs ein weiteres peinliches Detail ans Licht der Öffentlichkeit gekommen: Sogar auf dem altertümlichen Dienstweg des Nuntiaturberichts waren Hinweise auf Williamsons Äußerungen in den Vatikan gelangt, und zwar bereits im November 2008. Wer den vatikanischen Apparat einigermaßen kennt, braucht nicht viel Fantasie, um sich den mutmaßlichen weiteren Ablauf vorzustellen: Der Bericht traf im Staatssekretariat, eine Etage unter der des Papstes, ein. Dort wurde dann vermutlich festgestellt, dass es sich um Informationen handelt, die einen nicht zur katholischen Kirche gehörigen Geistlichen betrafen - Williamson war ja damals noch exkommuniziert - und deshalb formal korrekt zu den Akten gelegt.

Möglich ist, dass es an dieser Stelle keinen Informationsaustausch mit der Traditionalisten-Kommission «Ecclesia Dei» oder mit der Bischofskongregation gegeben hat, die wenige Monate später in einer mit dem Papst abgestimmten Überraschungsaktion die Begnadigung der vier Pius-Bischöfe durchzog. Für die römische Kurie, in der intern nur vertikale Kommunikationsstränge von unten nach oben vorgesehen sind, wäre dies ein geradezu typischer Ablauf: Die Information zwischen den Behörden findet bestenfalls bei zufälligen Begegnungen statt. Ansonsten weiß die Linke nur selten, was die Rechte tut.

Vatikansprecher Federico Lombardi, der schon bei der ersten Welle des Williamson-Skandals manche Kohlen aus dem Feuer holen musste, hat sich diesmal frühzeitig eingeschaltet. Er hat die neuen Mutmaßungen um ein frühes Wissen des Papstes in aller Schärfe dementiert und, nicht anders als der Papst selbst in seinem Brief an alle katholischen Bischöfe der Weltkirche vom 10. März, «ganz einfach auf die Begrenztheit der internen und externen Kommunikation im Vatikan» hingewiesen.