Staat und Kirche in Italien wollen Kampf gegen Mafia verstärken

"Nicht nur die Aufgabe von Polizei und Justiz"

Staatliche und kirchliche Stellen in Italien wollen im Kampf gegen das organisierte Verbrechen stärker zusammenarbeiten. Dabei soll vor allem die pseudo-religiöse Kultur der Mafia enttarnt werden.

Autor/in:
Roland Juchem
Carabinieri in Rom / © tvamvakinos (shutterstock)

Dies geht aus dem ersten Tätigkeitsbericht einer Arbeitsgruppe von Bischöfen, Seelsorgern, Polizisten und Juristen hervor, der am Donnerstag in Rom vorgestellt wurde.

Dabei rief Giuseppe Pignatone, ehemaliger Oberstaatsanwalt in Rom und jetziger Präsident des vatikanischen Gerichtshofs, Kirche und Gesellschaft auf, ihre Verantwortung im Kampf gegen das Verbrechen wahrzunehmen: "Dies ist nicht nur die Aufgabe von Polizei und Justiz." Der Jurist kritisierte, die Mafia bediene sich weiterhin ungeniert religiöser Sprache und Gesten, insbesondere aus der Volksfrömmigkeit.

"Das genaue Gegenteil des Evangeliums"

Der antichristliche Charakter dieser Praxis werde oftmals nicht deutlich. "Dabei wird das genaue Gegenteil des Evangeliums als normale kirchliche Lebensweise ausgegeben", sagte Pignatone. Junge Menschen unterlägen so weiterhin einer falschen Ausrichtung, "auch diejenigen, die Priester und Ordensleute werden wollen".

Laut Pignatone wird in Kalabrien etwa die Aufnahme in die 'Ndrangheta weiterhin als Taufe bezeichnet. Versammlungen, bei denen unter Umständen ein Mord beschlossen wird, schlössen mit den Worten: "Möge Gottes Wille geschehen" oder "im Namen Christi". Frauen spielen dem Juristen zufolge eine wichtige Rolle im Kampf gegen das organisierte Verbrechen. Sie seien eher bereit, auszusteigen und mit der Polizei zusammenzuarbeiten.

"Figur der Maria vom Einfluss krimineller Organisationen befreien"

Wesentlicher Bestandteil des Berichts der Marianischen Akademie sind Vereinbarungen zwischen Vertretern von Kirche, Justiz und Polizei. So wurden seit September 2020 zwölf Online-Kurse mit 65 Referenten angeboten, darunter Geistliche, Richter, Professoren und Strafverfolgungsbeamte. Darin ging es um die Themen 'Ndrangheta, Camorra, Cosa Nostra, Terrorismus, geschlechtsspezifische Gewalt oder Ökomafia. Sechzehn weitere Kurse sollen im September beginnen.

Angesiedelt ist die im Herbst 2020 gegründete Einrichtung zur Erforschung und Beobachtung krimineller und mafiöser Phänomene an der Päpstlichen Marianischen Akademie Internationalis. Angestoßen wurde diese auch vom Papst, der 2020 dazu aufgerufen hatte, "die Figur der Maria vom Einfluss krimineller Organisationen zu befreien". Am Dienstag hatten Vertreter der Arbeitsgruppe ihren Bericht Staatspräsident Sergio Mattarella vorgestellt.


Quelle:
KNA