Der Trierer Bischof Stephan Ackermann hält die Ehelosigkeit bei Priestern "für eine wertvolle Lebensform". Wäre der Zölibat für katholische Geistliche nicht verpflichtend, würde "diese Lebensform verschwinden", so Bischof Stephan Ackermann in einem Interview mit der in Ulm erscheinenden "Südwest Presse".
Es wäre aus seiner Sicht naiv zu denken, dass die katholische Kirche vor Missbrauch sicher wäre, wenn sie das Gebot der Ehelosigkeit für Geistliche aufgeben würde. Wer ehelos lebe, komme dann schnell in den Verdacht, "dass bei ihm etwas nicht stimmt".
Auswahl von Priestern wichtig
Forschungen hätten ergeben, dass der Zölibat nicht per se der Auslöser von Missbrauch sei. "Das würde ja auch dem Befund widersprechen, dass Missbrauch am häufigsten im familiären Umfeld geschieht", sagte Ackermann, der auch Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz ist.
Doch die Forscher hätten auch gesagt, dass der Zölibat in Kombination mit bestimmten Faktoren zum Risiko werde. "Deshalb ist die Auswahl, die Ausbildung und die Begleitung von Priestern so wichtig", sagte der Missbrauchsbeauftragte.
Wie kann Zöibat gelebt werden?
Zum Zölibat gehöre eigentlich eine gemeinschaftliche Form des Lebens, wenn auch nicht in Form einer eigenen Familie. "Wenn die Kirche am Zölibat festhält, muss sie Möglichkeiten aufzeigen, wie der Zölibat gelebt werden kann, auch um den Einzelnen vor Ausbrennen, dem Abgleiten in Sucht oder Einsamkeit zu schützen", so Ackermann.
Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hatte der "Zeit"-Beilage "Christ und Welt" (Donnerstag) gesagt, mittelfristig sei eine Abkehr vom Pflichtzölibat in Deutschland denkbar. Die Verpflichtung zur Ehelosigkeit als einzigem Weg werde dann "möglicherweise der Vergangenheit angehören", so Kohlgraf. Er würde es begrüßen, wenn es unterschiedliche Zugangswege zum Priesteramt gebe.
Ständiger Rat der Deutschen Bischofskonferenz
Ende Januar sagte Ackermann nach einer Sitzung des Ständigen Rats der Deutschen Bischofskonferenz, er wolle demnächst das Gespräch mit dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, suchen. Dabei werde unter anderem "über die Kriterien und Standards für eine unabhängige Aufarbeitung sowie zur Überprüfung des Verfahrens für Leistungen in Anerkennung zugefügten Leids beraten".
Der Ständige Rat wurde 1974 eingerichtet, um die Vollversammlung der deutschen Bischöfe von laufenden Aufgaben zu entlasten und eine kontinuierliche Beratung der Diözesanbischöfe zu gewährleisten. Im Rat ist jede Diözese durch den Bischof mit Sitz und Stimme vertreten.