Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), forderte die Prüfung eines Kopftuchverbots für Kinder an Schulen. "Dass kleine Mädchen Kopftuch tragen ist absurd - das sehen auch die meisten Muslime so. Alle Maßnahmen, die Mädchen davor schützen - vom Elterngespräch bis zum Verbot - sollten geprüft und angegangen werden", sagte Widmann-Mauz der "Bild"-Zeitung (Freitag).
Kramp-Karrenbauer gegen das Tragen in Schulen
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer spricht sich gegen das Tragen von Kopftüchern in Kindergärten und Grundschulen aus. Dies habe "mit Religion oder Religionsfreiheit nichts zu tun, das sehen auch viele Muslime so", sagte Kramp-Karrenbauer den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). Sie halte "eine Debatte darüber, ob wir Kopftücher in Kindergarten oder Grundschule zulassen, für absolut berechtigt".
Der Präsident der Kultusministerkonferenz, Alexander Lorz, sieht das von der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), erwogene Kopftuchverbot in Grundschulen kritisch. "Wenn sich Eltern auf die Freiheit der Religionsausübung berufen, hat unser Rechtsstaat wenig Handlungsmöglichkeiten", sagte der hessische Kultusminister den Zeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft (Samstag). "Ein gesetzliches Verbot dürfte vor dem Verfassungsgericht daher kaum bestehen."
Auch Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) ist für ein Kopftuchverbot. In der "Stuttgarter Zeitung" (Samstag) nannte sie "ein Verbot zumindest bis zur Religionsmündigkeit sinnvoll". Allerdings sei ein Verbot rechtlich schwer durchsetzbar.
Zuspruch von der SPD
Auch aus der SPD gibt es Zuspruch für ein Kopftuchverbot an Schulen. "Ich bin für ein Kopftuchverbot für Kinder. Das ist für mich keine religiöse, sondern eine gesellschaftliche Frage, eine Frage der Gleichstellung. Darüber sollen Erwachsene selbst entscheiden", sagte SPD-Familienpolitikerin Leni Breymaier. Der SPD-Politiker Karl Lauterbach twitterte dagegen, die Kinder in einen Konflikt mit ihren Eltern zu zwingen, sei "unehrenhaft".
Marcus Weinberg, familienpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sieht ein Kopftuchverbot nach österreichischem Vorbild hingegen kritisch. "Das pauschale Verbot eines Kopftuches - wie in Österreich - benachteiligt auch die Mädchen, die sich freiwillig für das Tragen eines Kopftuches als Zeichen ihrer Religion entschieden haben", sagte Weinberg. Er verwies auf "das im Grundgesetz verankerte Recht, seine Religion frei ausüben zu können".
Islamwissenschaftlerin gegen Verbot
Die Spitzenkandidaten für das Amt des EU-Kommissionschefs, Manfred Weber (EVP) und Frans Timmermans (Sozialdemokraten), wurden im ZDF-Wahlduell am Donnerstagabend befragt. Timmermans lehnte ein solches Gesetz ab. "Ist die Kippa der Juden in der Schule verboten? Soll ich meiner Tochter verbieten, ein Kreuz zu tragen?", sagte der Niederländer. CSU-Politiker Weber sprach von einer Grenzentscheidung und stellt die Gegenfrage: "Was sagen Sie, wenn ein muslimisches Mädchen wegen der Religion ihrer Eltern nicht schwimmen lernen darf?"
Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, vermutet, dass von den Eltern schon auf kleine Kinder Druck ausgeübt wird, das Kopftuch zu tragen. "Kopftücher in der Schule sind integrationsfeindlich, weil sie bereits in Kindergärten und Grundschulen zur äußerlichen Abgrenzung beitragen."
Islamwissenschaftlerin Kaddor: Verbot ist falscher Weg
Die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor hält ein Verbot für den falschen Weg. Sie sagte am Freitag im Deutschlandfunk, damit polarisiere man nur und zwinge die Kinder zu einer Entscheidung zwischen Elternhaus und Schule. Besser wäre es, die Eltern mit pädagogischen Mitteln zu erreichen und zum Beispiel Moscheevereine einzuladen, die gegen Kopftücher für junge Mädchen argumetierten.
Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) erklärte, Schulen hätten die Aufgabe, zum Respekt vor dem Anderssein zu erziehen. "Sowohl das Tragen als auch das Nichttragen von Kopftüchern darf nicht zur Ausgrenzung führen", sagte der Bundesvorsitzende Udo Beckmann. Unabdingbar sei, dass noch nicht religionsmündige Schülerinnen nicht zum Tragen eines Kopftuches gezwungen werden dürften. Da ein generelles Kopftuchverbot in der Schule vor Gericht kaum Bestand haben werde, sollte die Politik ihr Augenmerk vielmehr stärker auf gelingende Integrationsprojekte richten.