Bischof Heiner Wilmer über gemeinsames Gedenken in der Pandemie

Nur die Ökumene hilft weiter

Gerade in der Coronakrise sei die Ökumene ein Schlüssel. Davon zeigt sich Bischof Heiner Wilmer überzeugt. Im Interview spricht er über gemeinsames Totengedenken und darüber, was die Kirche gerade jetzt dringend leisten muss.

Menschen mit Kerzen / © EvGavrilov (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Der Gottesdienst wird in Form einer Lichtfeier gestaltet und als Livestream im Internet übertragen. Wie soll den Opfern von Corona gedacht werden?

Heiner Wilmer (Bischof von Hildesheim): Wir werden im Hildesheimer Mariendom zusammenkommen und in ganz kleinem Kreis eine ökumenische Lichtfeier gestalten. Dabei sein werden der Landesbischof Ralf Meister von der lutherischen Kirche und Ministerpräsident Stephan Weil. Wir werden nur 20 Personen einladen, aber die Feier über die Bildschirme ins Land übertragen.

Einladen werden wir auch Vertreterinnen und Vertreter der jeweiligen Gruppen, die sich um die Corona-erkrankten Menschen kümmern: Ärztinnen und Pfleger aus den Arztpraxen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Laboren, Hilfs- und Rettungsdiensten, Polizistinnen, Bestatter, Küsterinnen, Busfahrer, Erzieher und Lehrerinnen, Menschen, die in den Supermärkten die Waren einräumen und an den Kassen sitzen und auch junge Menschen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, für die älteren Nachbarn einzukaufen und für sie zu sorgen. Es werden also nur ganz wenige im Dom sein.

DOMRADIO.DE: Am Sonntag wird Christkönig gefeiert und auch der evangelische Totensonntag. Wie wichtig ist, dass das Gedenken ökumenisch geschieht?

Wilmer: Die Ökumene ist uns hier ein Schlüssel. Ich persönlich bin der festen Meinung, dass nur die Ökumene uns hier weiterhilft. Sie ist ein Zeugnis für unseren Glauben. Jesus sagt uns: "Ich will, dass ihr eins seid". Gerade die Not, gerade Covid-19 zwingt uns dazu, noch stärker zusammenzustehen. Sie halten uns an, das Evangelium noch stärker gemeinsam zu bezeugen und gemeinsam hinzustehen. Aus meiner bescheidenen Sicht können wir uns ein Christentum, das nicht ökumenisch ist, überhaupt nicht mehr leisten.

DOMRADIO.DE: Es werden Vertreterinnen und Vertreter von Berufsgruppen eingeladen, die in der Pandemie besonders gefordert sind. Ist das auch eine Art Danke zu sagen?

Wilmer: Unser Subtext ist ganz schlicht: Die Kirche sagt Danke. Als Kirchen sagen wir den Menschen Danke, die hinstehen und von ihrer eigenen Person absehen, die bei den Menschen sind, bei den Betroffenen, bei den Erkrankten und auch Menschen bis in den Tod begleitet haben. Manche kümmern sich jetzt zusätzlich noch um die Angehörigen. Wir möchten all diesen Menschen Danke sagen, aber auch für die Verstorbenen beten. Wir wollen der Toten gedenken und auch für die Hinterbliebenen beten und für sie da sein. Das ist uns ganz wichtig.

DOMRADIO.DE: Wie empfinden Sie ganz persönlich die Situation jetzt: Tut die Kirche genug für die Betroffenen der Coronakrise?

Wilmer: Ich glaube, dass die Kirche sehr massiv unterwegs ist. Vor allem ist die Kirche sehr stark in den Haushalten da: mit kleinen Aktionen, Telefonaten, Besuchsdienst, Blumen, Kerzen, Post, WhatsApp-Gruppen. Das sind alles kleine Szenen und Szenarien. Da ist kein Mikrofon, keine Kamera und kein Bild. Vieles geschieht im Verborgenen.

Ich kenne so viele wunderbare junge Menschen, die sich um Ältere kümmern. Ich kenne so viele kirchlich engagierte Frauen und Männer, die erfinderisch sind und neue Wege bestreiten. Ich kann allen nur sehr, sehr dankbar sein. Ich finde es großartig, wie die Menschen hier zusammenstehen, um füreinander da zu sein, um solidarisch zu sein, sowohl innerhalb und auch außerhalb der Kirche. Sie sehen jene, an die keiner denkt. Dennoch ist immer noch zu viel Einsamkeit, zu viel Kälte da. Unsere Aufgabe ist es, für mehr Wärme im Land zu sorgen. 

Das Interview führte Michelle Olion.


Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer / © Harald Oppitz (KNA)
Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer / © Harald Oppitz ( KNA )
Mehr zum Thema