Oberrabbiner kritisiert Attacken auf Christen in Israel

Ein "klarer Trend"

Angriffe auf Christen in Israel sind nach Worten des Präsidenten der Konferenz Europäischer Rabbiner keine Einzelfälle. "Ich sehe da einen klaren Trend, weil die Rhetorik in Israel ganz generell eine schärfere geworden ist".

Israelische Sicherheitskräfte und orthodoxe Christen / © Andrea Krogmann (KNA)
Israelische Sicherheitskräfte und orthodoxe Christen / © Andrea Krogmann ( KNA )

Das sagte Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt der "Jüdischen Allgemeinen" (Donnerstag). Derzeit werde gegenüber Andersdenkenden und Minderheiten überhaupt sehr wenig Respekt gezeigt.

Israel stecke in einer politischen Krise, die Gesellschaft sei gespalten. "Was wir an Anfeindungen gegenüber den Vertretern anderer Religionen erleben, ist ein Spiegelbild dieser Spannung."

Spuckattacken und Beleidigungen ein "Jugendphänomen"

Was die Übergriffe wie Spuckattacken und Beleidigungen angeht, handelt es sich aus Sicht des Oberrabbiners um ein "Jugendphänomen": Fast immer fielen damit männliche Heranwachsende auf. Meistens seien es junge Strengreligiöse, und vor allem geschehe das in der Altstadt von Jerusalem. "Aber in letzter Zeit sind auch viele mit einem nationalreligiösen Hintergrund auffällig geworden."

Israelische Sicherheitskräfte an einer Absperrung vor wartenden orthodoxen Christen und Pilgern / © Andrea Krogmann (KNA)
Israelische Sicherheitskräfte an einer Absperrung vor wartenden orthodoxen Christen und Pilgern / © Andrea Krogmann ( KNA )

Das jüdische Religionsgesetz, die Halacha, sage, dass man nicht nur Vertreterinnen und Vertretern anderer Religionen mit Respekt und Achtung begegnen solle. "Aber manchen fällt das ja bereits schwer im Umgang mit Juden, die einer anderen Strömung angehören", betonte der Oberrabbiner.

Das zeigten regelmäßige Streitigkeiten an der Kotel, der Klagemauer in Jerusalem, darüber, wer wann wo beten dürfe. "Die Gewalt beginnt leider nicht selten innerhalb des Judentums, in unserem Umgang miteinander."

Verstärkt antichristliche Übergriffe in Israel

In den vergangenen Wochen und Monaten war es verstärkt zu antichristlichen Übergriffen in Israel gekommen - etwa durch Spucken auf Christinnen und Christen sowie die Schändung von Gräbern und Kirchen.

Altstadt von Jerusalem / © Andrea Krogmann (KNA)
Altstadt von Jerusalem / © Andrea Krogmann ( KNA )

Der israelische Präsident Isaac Herzog besuchte am Mittwoch das Kloster Stella Maris in Haifa, das mehrmals angegriffen worden war.

Die christlichen Konfessionen im Heiligen Land seien "unsere Brüder und Schwestern, christliche Bürger, die sich an ihren Gebetsstätten, auf ihren Friedhöfen, auf der Straße angegriffen fühlen", sagte er.

Das sei extrem und in keiner Form hinnehmbar. Herzog betonte, er komme im Namen des gesamten Staates und des Volkes Israel, um "unser Engagement für den umfassenden Schutz der Religionsfreiheit im Staat Israel zu bekräftigen".

Lateinisches Patriarchat von Jerusalem

Das Lateinische Patriarchat von Jerusalem betreut die rund 60.000 bis 70.000 römisch-katholischen Christen im Heiligen Land. Seine Jurisdiktion erstreckt sich über das Staatsgebiet von Israel, Jordanien, Zypern und die Palästinensischen Gebiete. Die Ursprünge des Patriarchats liegen in der Zeit der Kreuzfahrer, die sich als "Lateiner" bezeichneten. Es erlosch jedoch mit dem Fall Akkos 1291. Im Jahr 1847 belebte Papst Pius IX. das Patriarchat neu.

Blick auf Jerusalem / © Kyrylo Glivin (shutterstock)
Quelle:
KNA