Medien spekulieren über Nachfolge von Kardinal Schönborn

Oder bleibt er länger im Amt?

Die Altergrenze von 75 Jahren hat Kardinal Christoph Schönborn bereits überschritten. Doch das formale Rücktrittsgesuch hat Papst Franziskus bislang nicht angenommen. In den Medien wird über die Nachfolge Schönborns bereits spekuliert.

Autor/in:
Johannes Pernsteiner
Kardinal Christoph Schönborn, Erzbischof von Wien / © Paolo Galosi (KNA)
Kardinal Christoph Schönborn, Erzbischof von Wien / © Paolo Galosi ( KNA )

Ein Jahr nach Ausbruch der Corona-Pandemie, durch die in allen Gesellschaftsbereichen Fristen, Termine und auch Personalentscheidungen auf die lange Bank gerieten, sind Spekulationen über die Nachfolge des beliebten Wiener Kardinals Christoph Schönborn (77) wieder angelaufen.

Genannt werden Namen, die der zuständige päpstliche Nuntius in Österreich, Erzbischof Pedro Lopez Quintana, nach Rom geschickt haben könnte - und auch ein Datum: Schon "um Pfingsten könnte der Wunsch von Kardinal Schönborn auf seinen wohlverdienten Ruhestand vielleicht in Erfüllung gehen", orakelt die "Tiroler Tageszeitung".

Eminent wichtiger Posten

Es handelt sich um einen kirchlich eminent wichtigen Posten - denn beim Erzbischof von Wien als Drehscheibe Mittel- und Osteuropas laufen unzählige Stränge in Kirchen, Ökumene, Politik und Kultur zusammen. Angesichts dieser und weiterer Vernetzungen wirkten in der der Vergangenheit Wiener Erzbischöfe auch schon als "Papstmacher" oder "Mehrheitsbeschaffer" im Konklave.

Schönborn, dessen Amtszeit der Papst bei Erreichen des Pensionsalters von 75 Jahren "vorläufig und auf unbestimmte Zeit" verlängert hatte, habe selbst vor wenigen Wochen erneut auf eine Nachfolgeentscheidung gedrängt, berichtet nun die "Tiroler Tageszeitung". Daraufhin sei Bewegung in die Sache gekommen. Und schon in den vergangenen Monaten habe sich die Kandidatenliste in der Nuntiatur "verdichtet".

Unter den Vorschlägen stehe der Linzer Bischof Manfred Scheuer (66) ganz oben, behauptet die Zeitung - und beschreibt den zuvor langjährigen Innsbrucker Oberhirten (2003-2015) so: "ruhig und besonnen, dazu mit theologischem Ausrufezeichen, im heimischen Episkopat unbestritten". Allerdings, so die Analyse, wäre Scheuer selbst über einen Karrieresprung und somit erneuten Weggang aus seiner Bischofsstadt "alles andere als glücklich".

Weitere Nennungen auf der Liste der "Tageszeitung": der Rektor des Innsbrucker Jesuitenkollegs, Christian Marte (57), der dem Anforderungsprofil von Papst Franziskus dem Vernehmen nach "einwandfrei" entspräche; der Vorarlberger Bischof Benno Elbs (61) und der in "Wiener Kirchenkreisen" immer wieder genannte Innsbrucker Bischof Hermann Glettler (56), der als "Vertreter einer neuen Generation in der Kirche" gehandelt werde.

Dem Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics (57) würden Ambitionen auf eine Übersiedlung ins Wiener Erzbischöfliche Palais nachgesagt; doch er zähle "eher zum konservativen Flügel" in der Kirche.

Bleibt Schönborn noch länger im Amt?

Völlig anderes hatte schon im März die Wiener "Presse" prognostiziert: Schönborn werde wohl trotz Überschreiten seiner Altersgrenze noch länger im Amt bleiben, als viele vermuten. Der von einem Lungeninfarkt genesene Kardinal sei auffallend "aktiv und agil präsent", und es falle in Wien auf, "dass er Entscheidungen fällt, die jahrelang vertagt wurden".

Der Autor der "Presse" munkelte zudem von einem überraschenden und "bemerkenswerten" Anruf von Papst Franziskus bei Schönborn einige Wochen zuvor, bei dem sich das Kirchenoberhaupt um dessen Befinden erkundigt habe. Schönborn habe davon anschließend in einer Priesterrunde berichtet.

Auch die vatikanische Gepflogenheit, "Kardinäle von Format" als Zeichen der Wertschätzung Jahre länger im Amt zu lassen, wurde ins Feld geführt; Kardinal Franz König (1905-2004) habe erst 1986, im 82. Lebensjahr, den Hirtenstab an Hans Hermann Groer übergeben.

Die "Presse" führt eine geheime Nuntius-Liste aus, die schon im Sommer 2020 an den Vatikan übermittelt worden sei. Als Namen kursierten demnach neben den Bischöfen Elbs, Glettler und Scheuer auch der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl (58) sowie der Salzburger Erzbischof Franz Lackner (64).

Mit ihrer Einschätzung einer noch längeren Schönborn-Amtszeit stand die Zeitung zuletzt nicht allein: Auch Erzbischof Lackner, Nachfolger des Kardinals an der Spitze der Bischofskonferenz, erklärte vor einigen Wochen im Interview der Presseagentur Kathpress, die Kirche könne auf jemanden wie Schönborn "noch nicht verzichten". Statt auf Spekulationen einzugehen, stellte Lackner klar: "Ich freue mich, dass er sich bester Gesundheit erfreut, dass er da ist und dass er länger bleibt."

Schönborn selbst sagte zuletzt im ORF, er habe sich in der "Ruhephase" der Pandemie von seinen Krankheiten erholen können, hoffe aber dennoch auf baldige Pensionierung. Er empfinde "keine Amtsmüdigkeit, aber den Bedarf, dass wirklich bald und zügig an einen Nachfolger gedacht wird".


Quelle:
KNA
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