"Omas gegen Rechts" hoffen durch Friedenspreis auf Zulauf

Belohnung und Ansporn

Die Bewegung "Omas gegen Rechts" setzt sich für Demokratie und Pluralismus ein und bekommt nun den Aachener Friedenspreis verliehen. Wieso der Friedenspreis motiviert und worum es geht, erklärt Inge Lehan von der Initiative.

Autor/in:
Uta Vorbrodt
"Omas gegen Rechts" / © Sascha Thelen (dpa)
"Omas gegen Rechts" / © Sascha Thelen ( dpa )

DOMRADIO.DE: Die Bewegung "Omas gegen Rechts" gibt es offiziell seit sechs Jahren. Sie sind in Aachen seit zwei Jahren dabei. Was hat Sie motiviert, da einzusteigen? 

Omas gegen Rechts Aachen: Inge Lehan 3. v. r. in der ersten Reihe / © Christian van’t Hoen/www.birdsonaplane.de (Omas gegen Rechts Aachen)
Omas gegen Rechts Aachen: Inge Lehan 3. v. r. in der ersten Reihe / © Christian van’t Hoen/www.birdsonaplane.de ( Omas gegen Rechts Aachen )

Inge Lehan ("Omas gegen Rechts" in Aachen): Ich habe einen Zeitungsartikel gelesen, wo bekannt wurde, dass sich diese Oma-Gruppe in Aachen gegründet hat. Da waren auf einem Foto in der Zeitung erst mal sieben Omas. Es ging dabei um diese Montagsspaziergänge und über die Demonstration der Querdenker und der Corona-Leugner in der Corona-Zeit. 

Da habe ich gedacht, dass sieben Omas zu wenig sind. Als ich das in der Zeitung las, saß ich mit meinem Mann am Frühstückstisch und habe ihm den Artikel vorgelesen. Dann habe ich direkt spontan gesagt: "Da melde ich mich jetzt, ich schreibe da eine Mail hin, ich mache da mit". 

Mein Mann sagte direkt: "Trink mal erst deinen Kaffee zu Ende und dann überlegst du dir das noch mal." Aber ich habe es mir nicht überlegt. Ich habe direkt geschrieben und sie haben sich sofort bei mir gemeldet und seitdem bin ich dabei. 

Inge Lehan

"Endlich mal was tun, ohne einen Parteizwang."

DOMRADIO.DE: Was hatte denn Ihr Mann für Bedenken? Warum wollte er, dass Sie noch mal darüber nachdenken? 

Lehan: Eigentlich hat er vom Grundsatz her nichts dagegen. Er hat aber wahrscheinlich gedacht: Was machst du denn da? Du musst überlegen, was da noch auf dich zukommt, der Zeitaufwand und so – obwohl ich genug Zeit habe. Ich bin im Ruhestand. Ich bin Pensionärin, ich war Beamtin und habe einfach Zeit. Ich bin immer politisch sehr interessiert gewesen und die Entwicklung macht mir schon Sorgen.

Ich habe zu mir gedacht: Das machst du. Ich wollte mich nie politisch in einer Partei engagieren, aber das ist so eine Sache, da kann man sich frei bewegen. Man kann mitmachen, man kann es auch lassen. Man kann zu den Treffen gehen. Das ist es, was das Ganze so interessant macht. 

Die Omas, die jetzt zu uns kommen, empfinden das gerade als eine Bereicherung, sich zu engagieren. Endlich mal was tun, ohne einen Parteizwang. Wir sind aus diesem Grund auch immer mehr geworden. Von den sieben ausgehend sind wir mittlerweile hier in Aachen Hundert, die aktiv mitmachen. 

DOMRADIO.DE: Was machen Sie denn eigentlich? Manche Seniorinnen treffen sich zum Kaffeeklatsch und Sie malen Plakate, oder wie kann man sich das vorstellen? 

Lehan: Wir haben sehr engagierte Omas, die Plakate malen und unsere Infozettel ausarbeiten können. In erster Linie haben wir Infotische, vor allen Dingen vor den Europawahlen. 

Im nächsten Jahr werden wir uns sehr verstärkt mit unseren Infoständen in der Stadt und im Randgebiet aufstellen. Der Radius wird immer größer. Da sind mittlerweile so viele engagierte Omas, die solche tollen Ideen haben, dass es richtig Spaß macht, mitzumachen. 

Inge Lehan

"Man weiß ja nicht, was noch alles wird. Da habe ich große Befürchtungen. Von daher hoffen wir auch, dass wir immer noch mehr werden."

DOMRADIO.DE: Haben Sie da ein Beispiel? Wie kann man sich Ihre Stände und Ihr Infomaterial vorstellen? 

Lehan: Wir haben einen einfachen Tapeziertisch. Dann haben wir ein Banner, das mit "Omas gegen Rechts" bedruckt ist und dann verschiedene Infoblätter. Wir wollen reden. Wir haben den Eindruck, dass unsere Standpunkte oft missverstanden werden. Deswegen versuchen wir, Fragen zu beantworten. 

Das betrifft den Ukrainekrieg. Es betraf die Corona-Leugner, die anstehenden Wahlen, den Rechtsruck in Europa und auch den hier in unserer Gegend – den haben wir ja überall. Wir müssen sagen, wir sind hier ja noch gut dran. Wenn ich höre, wie die Omas aus den neuen Bundesländern angefeindet werden, dann haben wir es hier richtig feudal angetroffen. 

Es geht auch sehr viel um Verständnis an unseren Infotischen. Leute kommen zu uns und fragen uns, was wir machen und ob wir glauben, dass wir damit Erfolg haben. Das weiß man nicht. Darum bin ich auch nicht bei den Omas eingetreten. Ich habe aber das Gefühl, dass ich etwas machen muss. Ich habe Enkel, die mich vielleicht mal in ein paar Jahren oder wenn sie erwachsen sind, fragen: "Oma, was hast du denn dagegen gemacht, wenn der Rechtsruck zugenommen hat?"

Omas gegen Rechts / © Hannes P. Albert (dpa)
Omas gegen Rechts / © Hannes P. Albert ( dpa )

Man weiß ja nicht, was noch alles wird. Da habe ich große Befürchtungen. Von daher hoffen wir auch, dass wir immer noch mehr werden. Wir sind zwar groß, aber ich muss alle Omas und Opas – wir haben auch Opas – bitten, sich zu engagieren. Schließt euch uns an, um für eine friedliche, solidarische Gesellschaft ohne Rassismus einzutreten. 

DOMRADIO.DE: Muss man denn eigentlich Enkelkinder haben, um mitmachen zu können? 

Lehan: Nein. Man sollte nur ein gewisses Alter haben, wir haben aber keine Altersgrenze genannt. Man muss nicht Oma sein. Wir müssen uns nur alle für die gleichen Ziele und Werte einsetzen. 

Inge Lehan

"Es ist eine Belohnung für das, was wir bis jetzt gemacht haben, aber auch gleichzeitig Ansporn, weiterzumachen."

DOMRADIO.DE: Die gesamte Bewegung "Omas gegen Rechts" gibt es seit sechs Jahren. Jetzt bekommt die Bewegung den Aachener Friedenspreis, der mit 2.000 Euro dotiert ist. Sie gehen mit zu dieser Preisverleihung. Was macht das mit Ihnen? 

Lehan: Wir sind alle wahnsinnig stolz darauf. Es ist eine Belohnung für das, was wir bis jetzt gemacht haben, aber auch gleichzeitig Ansporn, weiterzumachen. Ich hoffe auch bei diesem Preis, dass das Kreise zieht und wir noch mehr werden. Wir können nicht genug zusammenbekommen, die für unsere Sache und für unser Gemeinwohl eintreten. 

Da hoffen wir, dass wir das damit auch erreichen. Was diese 2.000 Euro betrifft, freuen wir uns natürlich sehr. Die werden wir aber spenden. Alle sechs Wochen treffen wir uns und tauschen uns aus. Da kommen immer ganz tolle Ideen. 

DOMRADIO.DE: Die Zivilcourage wird mit dem Aachener Friedenspreis geehrt. Ist es Ihnen eigentlich manchmal auch mulmig, wenn Sie mit so einem Stand da stehen? 

Lehan: Nein, überhaupt nicht. Kenne ich gar nicht. Die anderen Omas auch nicht, sonst würden wir es nicht machen. Außerdem müssen wir ja unsere Infotische anmelden. Das muss bei der Polizei angemeldet werden und die sind auch in unmittelbarer Nähe. 

Da steht immer mal ein Streifenwagen oder die Beamten kommen zu uns und fragen, ob alles in Ordnung ist. Wir haben auch die Telefonnummer. Sobald irgendwas passieren sollte, sind die sofort zur Stelle. Da sind wir auf der sicheren Seite. 

DOMRADIO.DE: Wenn Sie sich regelmäßig treffen und sich besprechen und sich wahrscheinlich auch über die Motivation zum Mitmachen austauschen, sind da Menschen dabei, die sagen, dass das zu einer christlichen Überzeugung gehört? 

Lehan: Da bin ich, glaube ich, eine der wenigen. Das ist aber nicht unser Thema. Ich denke, unser Thema ist ein christliches Thema. Es war für mich nicht der Grund, ich muss das ehrlich sagen, weil ich Christin bin. Aber das sind christliche Beweggründe, die wir haben. 

Wir haben unterschiedliche Religionsgruppen bei uns, da sprechen wir auch hin und wieder am Rande. Am Infotisch stehen wir Stunden zusammen. Wir haben auch politisch oft total unterschiedliche Meinungen. Wir haben Meinungen von Links bis Mitte, vielleicht ein bisschen Mitte-rechts, aber Rechts auf keinen Fall. Dafür stehen wir ja: gegen Rechts. 

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Aachener Friedenspreis

Der Aachener Friedenspreis wird seit 1988 an Menschen verliehen, die sich für Frieden und Dialog zwischen Konfliktparteien einsetzen. "Wir wollen sie ehren, wenn sie Frieden gestiftet haben durch Gerechtigkeitssinn, Menschlichkeit, Hilfsbereitschaft auch Feinden gegenüber; durch Gewaltlosigkeit, Zivilcourage, Tatkraft, Sachlichkeit und Herz", heißt es in der Gründungserklärung.

Symbolbild Friedenstaube / © LittlePerfectStock (shutterstock)
Symbolbild Friedenstaube / © LittlePerfectStock ( shutterstock )
Quelle:
DR