Papst äußert sich in Brief zu Missbrauchsfällen in Bolivien

Schaden an Kindern und Kirche

Papst Franziskus hat sich in einem Brief an den bolivianischen Präsidenten Luis Arce "konsterniert und beschämt" über die Berichte von Missbrauchsfällen im Land gezeigt. Der Regierung versprach er "festen Willen" zur Zusammenarbeit.

Papst Franziskus blickt nachdenklich während der Generalaudienz am 17. Mai 2023 im Vatikan. / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus blickt nachdenklich während der Generalaudienz am 17. Mai 2023 im Vatikan. / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Wie lokale Medien am Freitag (Ortszeit) berichteten, schrieb der Papst, dass Geistliche "Verbrechen begangen haben, die Kindern ein Leben lang schaden" und die auch der Kirche Schaden zugefügt hätten.

Den Verantwortungsträgern in der Kirche, "die hätten aufpassen müssen", warf er Nachlässigkeit vor.

Kirche will Missbrauchsfälle auch mit Politik aufarbeiten

Die katholische Kirche in Deutschland will ihre Missbrauchsaufarbeitung verbessern - auch mit Hilfe der Politik. Der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Helmut Dieser, warb für eine politische Beteiligung am geplanten Expertenrat. Auch eine Mitwirkung von Vertretern von Parteien oder Parlamenten sei denkbar: "Wir haben da keine Ablehnung, sondern wir sind offen dafür, darüber genau nachzudenken."

Symbolbild Missbrauch in der Kirche / © udra11 (shutterstock)
Symbolbild Missbrauch in der Kirche / © udra11 ( shutterstock )

Boliviens Präsident forderte Zugang zu Missbrauchs-Akten

Die Missbrauchskrise sei "weiterhin eine der größten Herausforderungen für die Kirche in unserer Zeit", erklärte Franziskus. Der bolivianischen Regierung versprach er seinen "festen Willen" zur Zusammenarbeit. Der Papst antwortete damit auf ein Schreiben des bolivianischen Präsidenten.

Der Linkspolitiker hatte den Vatikan im Mai aufgefordert, alle Unterlagen und Dokumente über zurückliegende Missbrauchsfälle innerhalb der Kirche in der Andennation für die Behörden zugänglich zu machen.

Forderung nach Ende der "Jahre der Straflosigkeit" 

In einem direkt an Papst Franziskus gerichteten Brief schrieb er laut der Zeitung "El Deber": "Ich fordere, dass die bolivianische Justiz Zugang zu allen Akten, Aufzeichnungen und Informationen erhält, die sich auf die Anschuldigungen und den sexuellen Missbrauch durch katholische Priester und Ordensleute auf bolivianischem Territorium beziehen. Diese Jahre der Straflosigkeit können nicht endlos weitergehen, ohne dass die Justiz die Verantwortlichen zur Rechenschaft zieht."

Jesuit soll Dutzende von Kindern missbraucht haben

Den Stein ins Rollen gebracht hatten Recherchen über einen inzwischen verstorbenen spanischen Priester, der in den 1980er Jahren Dutzende Minderjährige missbraucht haben soll.

Die Tageszeitung "El Pais" hatte Zugang zum Tagebuch des spanischen Jesuiten Alfonso Pedrajas Moreno.

Mutmaßlicher Täter war Lehrer an katholischen Schulen

Daraus soll hervorgehen, dass er während seiner Tätigkeit als Lehrer an katholischen Schulen in Bolivien bis zu seinem Tod im Jahr 2009 Dutzende von Kindern missbraucht hat.

Laut den vorliegenden Informationen ist davon auszugehen, dass Pedrajas Moreno 89 Vergewaltigungen von Minderjährigen in seinem Tagebuch gestand.

Bolivianische Jesuiten entschuldigten sich für beschämende Lage

Der letzte Eintrag stammt vom 11. Oktober 2008. Das Tagebuch des Jesuiten soll zudem Hinweise auf ein Netzwerk der Vertuschung geben. Inzwischen gibt es weitere Vorwürfe gegen verstorbene Jesuiten.

In einer ersten Reaktion bedauerten die bolivianischen Jesuiten "das den Opfern zugefügte Leid" und erklärten: "Wir schämen uns für diese Situation."

Kirche in Bolivien

Von den knapp 12 Millionen Einwohnern Boliviens sind nach offiziellen vatikanischen Angaben 82,5 Prozent Katholiken. Die katholische Kirche in Bolivien besteht aus 27 Bistümern und Bistums ähnlichen Verwaltungseinheiten. Sie unterhält landesweit rund 1.800 Kindergärten, Schulen, Universitäten und Seminare.

Der Priestermangel ist groß. Je 7.700 Katholiken kommen auf einen Priester; zum Vergleich: in Deutschland sind es 1.500. Der höhere Klerus besteht zu einem beachtlichen Teil aus Weißen; einige Bischöfe sind Europäer.

Franziskus in Bolivien (dpa)
Franziskus in Bolivien / ( dpa )
Quelle:
KNA